Einkaufsmanagerindex

Euro-Wirtschaft legt einen Zahn zu

Die ersten angekündigten und vollzogenen Lockerungsschritte verleihen der Euro-Wirtschaft unerwartet kräftigen Schwung. Am Preisdruck ändert sich allerdings nichts.

Euro-Wirtschaft legt einen Zahn zu

ba Frankfurt

Die abflauende Coronawelle hat den Dienstleistern im Euroraum zu etwas mehr Schwung verholfen. Damit hat sich auch die Unternehmensstimmung insgesamt spürbar aufgehellt. Der Preisdruck allerdings bleibt hoch und die Erwartungen an die Europäische Zentralbank (EZB) für eine Zinserhöhung in diesem Jahr steigen. EZB-Chefin Christine Lagarde hatte zuletzt die Tür für eine erste Zinserhöhung bereits einen Spalt geöffnet. Kaum Änderungen gibt es von der Seite der Risikofaktoren wie den Lieferkettenproblemen, Materialengpässen und der Ukraine-Krise.

Im Februar ist der von IHS Markit erhobene Einkaufsmanagerindex für die Privatwirtschaft, der Dienstleister und Industrie zusammenfassende PMI Composite, vorläufigen Zahlen zufolge um 3,5 auf 55,8 Punkte und damit den höchsten Stand seit September 2021 geklettert. Damit signalisiert das Stimmungsbarometer weiter wirtschaftliche Expansion, da der Wert über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten liegt. Ökonomen hatten einen etwas geringeren Anstieg auf 52,9 Zähler prognostiziert. Sie sehen ihr Bild bestätigt, dass die Euro-Wirtschaft nach einem noch schwachen Jahresauftakt bald einen Zahn zulegen wird.

Besonders kräftig expandierten im Februar die Dienstleister. Der entsprechende PMI kletterte um 4,7 auf 55,8 Punkte. Die vielerorts gelockerten und avisierten Coronarestriktionen hätten dafür gesorgt, „dass die Nachfrage nach vielen verbrauchernahen Dienstleistungen wie Reisen, Tourismus und Freizeitgestaltung wieder anzog“, kommentierte Chris Williamson, Chefvolkswirt bei IHS Markit.

Weitere Entspannungssignale

Der Industrie-Index hat hingegen um 0,3 auf 58,4 Punkte leicht nachgegeben, allerdings auf hohem Niveau. Hier zeichnen sich der Umfrage zufolge weitere Entspannungstendenzen der Material- und Lieferengpässe ab. Dass der Industrie-PMI allein wegen der wieder etwas kürzeren Lieferzeiten gesunken ist, bezeichnete Commerzbank-Ökonom Christoph Weil als „im aktuellen Umfeld sicherlich ein positives Signal“. So lag die Unterkomponente Lieferzeiten mit 30,7 nur noch 18 Punkte unter dem langjährigen Durchschnitt. „Damit steigen die Chancen, dass die hohen Auftragsbestände in der Industrie langsam abgearbeitet werden können, was der Konjunktur einen zusätzlichen Impuls geben wird“, kommentierte Weil.

Die Kombination aus anziehender Nachfrage, gelockerten Coronarestriktionen und nachlassenden Lieferkettenengpässen sorgte dem Analysehaus IHS Markit zufolge auch dafür, „dass sich die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist in beiden Sektoren verbesserten und insgesamt so optimistisch ausfielen wie seit letztem Juni nicht mehr“. Dementsprechend beschleunigte sich der Stellenaufbau und fiel stärker aus als in den beiden Vormonaten. Allerdings machten sich bei den Unternehmen auch wieder Personalengpässe bemerkbar.

Die Umfrage belegt weiterhin die Preismacht der Industriebetriebe und Serviceanbieter: Im Servicesektor wurde bei den Angebotspreisen ein neues Allzeithoch erreicht, in der Industrie legten die Verkaufspreise mit annähernder Rekordrate zu, meldete IHS Markit. Dies dürfte der EZB nicht gefallen und die Verbraucher müssten auch in den kommenden Monaten mit weiter steigenden Preisen rechnen, mahnte Commerzbank-Ökonom Weil. Der von der EZB erwartete Rückgang der Inflationsrate im Euroraum sei damit weiter nicht in Sicht.

Frankreich liegt vorn

Auf Länderebene zog vor allem der PMI für die französische Wirtschaft an: „Hier wuchs die Wirtschaftsleistung so stark wie zuletzt im Juni 2021“, hieß es bei IHS Markit. Doch auch in Deutschland sei es so zügig aufwärtsgegangen wie seit letztem August nicht mehr. Für die übrigen von der Umfrage erfassten Länder wie Italien und Spanien, für die keine Vorabdaten veröffentlicht werden, lassen die Daten ebenfalls einen starken Aufschwung erwarten.

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