Euro-Konjunktur

Finanzierungskonditionen für Firmen im Fokus

Die Finanzierungsbedingungen im Euroraum sind nach Einschätzung der DekaBank inzwischen „eher restriktiv“ – also tendenziell eine Bremse für die wirtschaftliche Aktivität. Die EZB muss nun genau abwägen.

Finanzierungskonditionen für Firmen im Fokus

ms Frankfurt

Die Finanzierungsbedingungen im Euroraum sind nach Einschätzung der DekaBank inzwischen „eher restriktiv“ – also tendenziell eine Bremse für die wirtschaftliche Aktivität. Zu diesem Schluss kommt der EZB-Experte der DekaBank, Kristian Tödtmann, im Kommentar zum neuen Zinskompass, der jeweils vor einer geldpolitischen Sitzung in der Börsen-Zeitung veröffentlicht wird. Insgesamt spricht laut Tödtmann die konjunkturelle Lage aber für eine erste Zinserhöhung der EZB an diesem Donnerstag.

Die Finanzierungskonditionen im Euroraum stehen im Zuge der avisierten Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) im besonderen Fokus. Kritiker starker Leitzinserhöhungen argumentieren, dass sich die Finanzierungsbedingungen bereits deutlich verschärft haben – etwa, weil die Märkte die Anhebungen vorweggenommen haben. So sind die Anleiherenditen teils deutlich gestiegen. Der EZB-Rat hatte lange Zeit die Finanzierungsbedingungen in den Fokus der geldpolitischen Entscheidungen ge­stellt. Nun stellt er wieder stärker auf das Leitzinsniveau ab.

Laut Tödtmann sind für die Einschätzung eher restriktiver gewordener Finanzierungsbedingungen vor allem die Außenfinanzierungsbedingungen der Unternehmen ausschlaggebend. Diese seien in den vergangenen Monaten aus zwei Gründen gestiegen: Zum einen würden sich die angekündigten Zinserhöhungen schon jetzt in den Renditen von Unternehmensanleihen, den Kreditzinsen der Banken und den Bewertungen von Aktien niederschlagen. Zum anderen beeinflussten Sorgen vor einem gravierenden Konjunktureinbruch, insbesondere durch eine Unterbrechung der Gaslieferungen aus Russland, die Finanzierungskosten von Unternehmen. Die sogenannte Finanzierungssäule des De­ka-EZB-Kompasses ist im Juni weiter in den negativen Bereich abgerutscht – auf nunmehr −12,2 Punkte.

Der Gesamtwert des Kompasses, der die für die EZB wesentlichen Indikatoren zusammenfasst, spricht aus Sicht von Tödtmann derzeit dennoch für Zinserhöhungen in der Größenordnung von 25 bis 50 Basispunkten. Der Kompasswert fiel im Juni auf 42,4 Punkte. Während sich der Abwärtstrend der Konjunktursäule beschleunigte und die Finanzierungssäule eben weiter in den negativen Bereich fiel, liegt die Inflationssäule nach wie vor an ihrer technischen Obergrenze von 100 Punkten.

Tödtmann geht davon aus, dass der EZB-Rat die Leitzinsen am Donnerstag um 25 Basispunkte anheben und zugleich die Absicht zu einem größeren Zinsschritt im September bekräftigen wird. Genau so hatte der EZB-Rat das bei seiner Sitzung im Juni angekündigt. Nach wie vor halten es viele Ökonomen aber zumindest nicht für ausgeschlossen, dass der Rat seine Schlüsselsätze am Donnerstag gleich um 50 Basispunkte erhöht. Allzu wahrscheinlich er­scheint das aktuell aber nicht.

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