Steuerschätzung

Fiskus gelingt schnellere Erholung

Der Bund kann 2021 mit 12 Mrd. Euro mehr Steuereinnahmen rechnen, als vor sechs Monaten erwartet wurde. Bis 2025 sind es für Bund, Länder und Kommunen fast 179 Mrd. Euro. Das erleichtert auch die Koalitionsverhandlungen, hofft der geschäftsführende Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz.

Fiskus gelingt schnellere Erholung

sp Berlin

Das Ergebnis der jüngsten Steuerschätzung freut Olaf Scholz (SPD) nicht nur als geschäftsführenden Finanzminister der alten Regierung, sondern auch als designierten Regierungschef in einem möglichen Ampelbündnis aus SPD, Grünen und FDP. „Klar wird’s einfacher“, sagte Scholz am Donnerstag in Berlin bei der Vorstellung der Steuerschätzung mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen, die am Montag auf Ebene der Parteispitzen fortgeführt werden sollen (siehe Artikel auf dieser Seite). Denn im Vergleich mit der Prognose aus dem Frühjahr erwarten die Mitglieder des Arbeitskreises Steuerschätzungen für den Zeitraum von 2021 bis 2025 allein für den Bund Mehreinnahmen in Höhe von knapp 72 Mrd. Euro.

Bund, Länder und Kommunen kommen zusammen demnach auf Mehreinnahmen von 179 Mrd. Euro. Für den laufenden Turnus beträgt das Plus gegenüber der letzten Schätzung aus dem Mai für den Bund knapp 12 Mrd. Euro, für die Länder rund 23 Mrd. Euro und für die Kommunen gut 8 Mrd. Euro. „Wir sind finanzpolitisch auf Kurs. Es geht weiter aufwärts“, resümierte Scholz zufrieden und nahm dabei wieder die Rolle des geschäftsführenden Finanzministers ein. Die Steuereinnahmen würden sich schneller von den Auswirkungen der Corona-Pandemie erholen als erwartet, sagte Scholz. „Klar ist aber auch, dass trotzdem die Bäume nicht in den Himmel wachsen“, erklärte er in Richtung der neuen Regierung, die aller Wahrscheinlichkeit von Bundeskanzler Olaf Scholz angeführt werden wird.

Inflation frisst Steuerplus auf

Auf dem Weg zur Regierungsbildung müssen die Ampel-Parteien unter anderem noch klären, wie sie die von den Grünen geforderten Investitionen in den Klimaschutz und die von der SPD geplanten Sozialausgaben finanzieren wollen, ohne die Steuerlast zu erhöhen, worauf die FDP großen Wert legt. Die gegenüber der Steuerschätzung aus dem Frühjahr nunmehr erweiterten Spielräume für die Ampel werden nach Einschätzung von Ökonomen dafür schon deshalb nicht ausreichen, weil die erhöhte Preisdynamik, die auch die Steuern in die Höhe treibe, auch Güter betreffe, die der Staat einkauft.

„Das Steuerplus dürfte also zu einem Teil durch inflationsbedingt höhere Preise für staatliche Käufe verpuffen“, kommentierte Jens Boysen-Hogrefe, stellvertretender Direktor Konjunktur und Wachstum am IfW Kiel, der auch Mitglied im Arbeitskreis Steuerschätzungen ist. Dem trat Scholz bei der Vorstellung der Zahlen entschieden entgegen. „Diejenigen, die die Mehreinnahmen auf steigende Preise zurückführen, irren sich“, sagte der geschäftsführende Finanzminister.

Boysen-Hogrefe weist aber auch darauf hin, dass die bisherige Finanzplanung in den Ministerien auf einen Sparkurs ausgerichtet sei. „Sicherlich werden die verschiedenen Ressorts bemüht sein, die Mehreinnahmen zu nutzen, den Konsolidierungskurs zu verlassen.“ Damit bleibe für neue Projekte einer Ampelregierung aber wenig Spielraum. „Auch wenn sich die Ausgangslage für die Koalitionsverhandlungen mit der neuen Steuerschätzung gebessert haben dürfte, ist die Situation nicht vergleichbar mit den Verhandlungen der vorherigen GroKo, die noch aus dem Vollen schöpfen konnte“ fasst der Ökonom des IfW die Lage der Ampel-Partner zusammen.

Bereits am Mittwoch hatte der Bundesrechnungshof die Euphorie über zusätzliche Steuereinnahmen gebremst und die Finanzlage mit Blick auf die hohen Schulden aus der Coronakrise als kritisch bezeichnet. „Der Bund hat seinen finanziellen Spielraum damit ausgereizt“, hieß es in einer Analyse, die dem Bundestag übermittelt wurde. Der Präsident des Rechnungshofes, Kay Scheller, forderte die Ampel-Parteien auf, Prioritäten zu setzen. Diesen Wunsch äußerten auch Teile des Sachverständigenrats, der am Mittwoch sein Gutachten vorstellte. Das Beratergremium der Regierung konnte sich allerdings nicht auf klare Empfehlungen zur Schuldenbremse einigen.

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