EU-Energieminister

Grünes Licht für Markt­eingriffe bei Strom und Gas

Die EU-Energieminister haben sich entschlossen gezeigt, bis Monatsende ein gemeinsames Paket gegen die hohen Strom- und Gaspreise zu beschließen. Die Schlagrichtung scheint klar – allerdings ist insbesondere ein Gaspreisdeckel noch umstritten.

Grünes Licht für Markt­eingriffe bei Strom und Gas

ahe Prag

Ohne konkrete Beschlüsse ist am Freitag ein Krisentreffen der EU-Energieminister zu Ende gegangen. Die Minister zeigten sich allerdings einig, dass mit einem gemeinsamen, koordinierten Notfallpaket Bürger und Unternehmen entlastet werden sollen und etwas gegen die explodierenden Strom- und Gaspreise unternommen werden muss. Sie forderten die EU-Kommission auf, innerhalb von wenigen Tagen konkrete Gesetzesvorschläge für Eingriffe in die Märkte vorzulegen.

Der tschechische Industrieminister Jozef Sikela, der die Sitzung in Brüssel leitete, verlangte eine Einigung auf das Paket bereits bis Ende September. „Wir sind in einem Energiekrieg mit Russland“, betonte Sikela. Es müsse alles getan werden, um Haushalten und Betrieben zu helfen. Möglicherweise wird es noch in diesem Monat eine weitere Sondersitzung der Energieminister geben.

EU-Energiekommissarin Kadri Simson kündigte für nächsten Dienstag „noch nie dagewesene“ Maßnahmen an. Ihr Team arbeite über die Sofortmaßnahmen hinaus auch schon an einer Generalüberholung des europäischen Elektrizitätsmarktes, sagte sie nach den Beratungen. Hierzu wolle sie Anfang nächsten Jahres Vorschläge vorlegen.

Die Minister bekräftigten nach der Sitzung, dass sie von der Kommission insbesondere Vorschläge in vier Hauptbereichen erwarteten: Dazu gehörten die Begrenzung der Einnahmen von Stromerzeugern mit niedrigen Produktionskosten, eine mögliche Preisobergrenze für Gas, Maßnahmen für eine koordinierte Verringerung der Stromnachfrage in der gesamten EU sowie Lösungen bei den aktuellen Liquiditätsproblemen an den Handelsmärkten.

Skepsis beim Gaspreisdeckel

Die Vorstellungen der Minister ähneln damit bereits stark dem Fünf-Punkte-Plan, den EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen vor wenigen Tagen vorgestellt hatte. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck betonte in Brüssel, es werde zu einem gemeinsamen europäischen Vorgehen kommen. Die Kommission habe jetzt ein klares Mandat zum Handeln erhalten.

Am kritischsten wurde auch auf dem Treffen der Energieminister offenbar die Idee eines Gaspreis­deckels gesehen. Dies bestätigte auch der tschechische Ratsvorsitzende Sikela. Er bat um mehr Zeit, damit die Staaten und die Kommission genau untersuchen könnten, wo der Deckel greifen würde – etwa im europäischen Großhandel oder bei russischen Importen. Aus Ungarn war vor dem Treffen bereits zu hören, ein Preisdeckel auf russisches Gas sei gegen europäische und ungarische Interessen. Habeck sagte, er sei nur bereit, einer solchen Preisobergrenze zuzustimmen, wenn auch Länder, die derzeit noch Gas aus Russland bekämen, bereit seien, das Risiko eines vollständigen Lieferstopps durch Russland zu tragen. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte in Berlin, er halte die Diskussion über eine Deckelung des Gaspreises für verfrüht. „Wir sollten nicht den letzten Schritt vor dem ersten machen.“

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) warb unterdessen beim Treffen der EU-Finanzminister in Prag für einen Preisdeckel auf russisches Öl, den die sieben führenden Industrienationen (G7) vorgeschlagen haben.

Der deutsche Energieverband BDEW sieht auch andere Optionen, die derzeit in Brüssel diskutiert werden, mit Skepsis: „Eingriffe in den Energiemarkt sind hochriskant und sollten nur unter genauer Prüfung der teilweise gravierenden Neben- und Langzeitwirkungen erfolgen“, warnte Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. Zudem dürfe weder national noch europäisch eine Investitionsoffensive behindert werden, sondern müsse im Gegenteil vorrangig angegangen werden, um schnell unabhängig von fossilen Energieträgern zu werden. „Aus einer Krise kann man sich nur herausinvestieren“, erklärte An­dreae. Preisdeckel würden indes zu einer weiteren Verunsicherung bei Investitionen führen.

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