Einkaufsmanagerindex

Industrie füllt Materiallager

Zum Jahresschluss hat sich die Stimmung in der Euro-Industrie eingetrübt. Die Einkaufsmanagerumfrage zeigt aber auch erste Anzeichen einer Entspannung bei den Logistikproblemen sowie einen schwächeren Inflationsdruck.

Industrie füllt Materiallager

ba/ms Frankfurt

Bei den Lieferkettenproblemen zeichnet sich den endgültigen Einkaufsmanagerdaten zu­folge eine leichte Entspannung ab. Das Analysehaus IHS Markit bezeichnet die Industriekonjunktur im Euroraum insgesamt gesehen allerdings immer noch als „enttäuschend“. Die Stimmung trübte sich weiter ein, und der Einkaufsmanagerindex fiel im Monatsvergleich um 0,4 auf 58,0 Punkte (siehe Grafik).

Das Produktionswachstum fiel im Dezember mit der zweitniedrigsten Steigerungsrate seit Beginn des Aufschwungs im Juli 2020 genauso schwach aus wie im November. Angesichts der deutlich nachlassenden Angebotsengpässe stockten die Unternehmen aber die Vorratsmateriallager „noch rasanter auf als im bisherigen Rekordmonat November“, hieß es bei IHS Markit. Der Inflationsdruck schwächte sich daher zwar weiter ab, doch kletterten Einkaufs- und Verkaufspreise immer noch so kräftig wie selten zuvor in der Historie der monatlichen Umfrage.

„Mit dem Auftauchen der Omi­kron-Variante in Europa stehen wir nun vor einer neuen Phase wirtschaftlicher Unsicherheit“, mahnte Chris Williamson, Chefvolkswirt bei IHS Markit. Erneute coronabedingte Unterbrechungen der Lieferketten könnten nicht ausgeschlossen werden. Der Dezember habe hier „einige zaghafte, aber sehr willkommene Anzeichen“ einer Entspannung ge­bracht. So sei der Lieferzeitenindex den zweiten Monat in Folge auf den höchsten Wert seit Februar gestiegen. Der kräftigste je gemessene Anstieg der Lagerbestände dürfte „in naher Zukunft zu einer dringend benötigten Entlastung der Produktionslinien führen“, erklärte Williamson.

Auf Länderebene blieb Italien Spitzenreiter. Der entsprechende Index hatte im November mit 62,8 Punkten noch ein Allzeithoch erreicht und liegt mit 62,0 Zählern weiter deutlich über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Werte darüber signalisieren Expansion. Etwas gedämpfter ist die Stimmung in Frankreich, auch wenn die Erstschätzung von 54,9 auf 55,6 Zähler nach oben revidiert wurde. Der Index für die deutsche Indus­trie stagnierte bei 57,4 Punkten, die Erstschätzung lag noch bei 57,9 Zählern. Der Index Produktion legte den zweiten Monat in Folge zu, und die Geschäftsaussichten verbesserten sich, kommentierte Phil Smith, Ökonom bei IHS Markit. Nur mehr 49% der Befragten meldeten längere Lieferzeiten, das Rekordhoch vom Mai lag bei 79%. Für die US-Industrie meldete IHS Markit ebenfalls einen Rückgang des Einkaufsmanagerindex um 0,6 auf 57,7 Punkte.

Die ersten Daten des neuen Jahres dürften auch bei den Euro-Notenbankern sehr genau analysiert werden. Die Europäische Zentralbank (EZB) muss insbesondere abwägen, wie sehr Omikron einerseits das Wirtschaftsgeschehen belastet und andererseits über neue Lieferengpässe die Inflation befeuert. Davon hängt auch ab, ob die EZB womöglich doch mehr Tempo macht bei der Rückführung der billionenschweren Anleihekäufe. Die EZB hinkt etwa der US-Notenbank Fed deutlich hinterher.

EZB-Ratsmitglied Klaas Knot hatte im Interview der Börsen-Zeitung gesagt, dass die EZB die Anleihekäufe schneller beenden könne, falls die Inflation weiter höher ausfallen sollte als erwartet (vgl. BZ vom 31.12.2021). Bislang ist ein Ende für 2022 noch nicht auf der Agenda. Bei einem schnelleren Auslaufen könnte auch eine erste Zinserhöhung früher kommen. Am Freitag gibt es erste Schätzungen zur Inflationsentwicklung in Deutschland und im Euroraum für den Dezember. Volkswirte erwarten einen leichten Rückgang vom Rekordwert im November von 4,9% auf 4,7%.