Euro-Inflation

Preisstabilität noch weit entfernt

Die Inflation im Euroraum nähert sich immer weiter dem Zielwert der EZB von 2,0% an. Doch auf den zweiten Blick zeigt sich, dass der verbleibende Weg länger sein dürfte, als die jüngsten Erfolge bei der Preisentwicklung suggerieren.

Preisstabilität noch weit entfernt

Preisstabilität noch weit entfernt

Euro-Inflation fällt auf 2,6 Prozent – Unterliegender Auftrieb für die Teuerung jedoch hoch – Dienstleister im Fokus

mpi Frankfurt

Die Inflation im Euroraum nähert sich weiter dem Zielwert der Europäischen Zentralbank (EZB) an, jedoch mit etwas geringerem Tempo als erwartet. Wie Eurostat am Freitag mitteilte, fiel die Teuerung im Februar von 2,8% auf 2,6%. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatte einen Rückgang auf 2,5% erwartet. Auch die Kernrate als Indikator für den zugrundeliegenden Preisdruck ließ etwas schwächer nach, als Volkswirte prognostiziert hatten. Nach 3,3% zum Jahresstart lag die Inflation ohne Berücksichtigung der Energie- und Lebensmittelpreise bei 3,1% im Februar.

Wie schon bei der Inflationsentwicklung in Deutschland ist auch der disinflationäre Trend in der Eurozone wesentlich von den nicht mehr ganz so stark steigenden Lebensmittelpreisen beeinflusst. Rund die Hälfte des Rückgangs der Inflationsrate um 0,2 Prozentpunkte lag an dieser Entwicklung. Demgegenüber macht die Inflation im Dienstleistungssektor kaum Fortschritte. Sie sinkt im Februar nur um 0,1 Prozentpunkte auf 3,9% und erschwert damit den Rückgang der Gesamtrate auf 2,0%, was die EZB als Preisstabilität definiert.

„Kritische Phase“

„Die Inflationsentwicklung befindet sich derzeit in einer kritischen Phase“, meint Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. Die tief hängenden Früchte beim Inflationsrückgang – Stichwort Energiepreise – seien inzwischen weitgehend gepflückt. Die letzten Schritte zur Rückkehr der Inflation auf 2,0% könnten sich daher ziehen. „Die tatsächliche Teuerungsdynamik lässt sich anhand der Entwicklung im direkten Monatsvergleich wesentlich besser ablesen“, sagt Gitzel. Hier verkündeten die Statistiker einen Anstieg der Preise um 0,6% im Vergleich zum Januar – deutlich höher, als auf das Jahr hochgerechnet mit dem Inflationsziel der EZB vereinbar ist. Auch die Analysten der DZ Bank erwarten eine schwierige letzte Meile. „In den kommenden Monaten dürfte die Inflationsrate in der EWU weiter sinken, allerdings nur in kleinen Schritten“, meint Christoph Swonke, Ökonom bei der DZ Bank.

Preisdruck auf kurze Sicht höher

„Auf kürzere Sicht hat sich der unterliegende Preisauftrieb sogar wieder verstärkt“, analysiert Commerzbank-Ökonom Christoph Weil. Er verweist dabei darauf, dass saisonbereinigt der Kernindex im Februar gegenüber dem Vormonat um 0,4% gestiegen sei. Damit habe nun auch der gleitende Fünfmonatsdurchschnitt nach oben gedreht. „Angesichts der kräftigen Lohnsteigerungen kommt diese Entwicklung nicht überraschend.“

Dieser Aspekt hat nicht nur die Inflation in den vergangenen Monaten verstärkt, sondern könnte auch dazu führen, dass die Teuerung in den kommenden Monaten höher sein wird, als es der EZB lieb ist. In zahlreichen Branchen in der Eurozone stehen derzeit Tarifverhandlungen an. Auch wenn aktuell wenig für eine Lohn-Preis-Spirale spricht, dürfte das Lohnwachstum den Preisdruck verstärken. Wie sehr, hängt nicht nur vom Ausmaß der Lohnerhöhungen ab, die die EZB für 2024 bei rund 4,5% schätzt. Sondern auch davon, wie stark die Unternehmen in der Lage sein werden, die höheren Arbeitskosten an ihre Kunden weiterzugeben. Oder ob sie angesichts der schwachen Konjunktur dafür kaum Spielraum haben und daher sinkende Margen in Kauf nehmen müssen, anstatt durch Preiserhöhungen die steigenden Gehälter zu kompensieren.

Hohes Lohnwachstum verstärkt Inflation

„Das Risiko einer sich verfestigenden Teuerung für Dienstleistungen besteht fort“, meint KfW-Chefökonomin Fritzi Köhler-Geib. Dennoch ist sie zuversichtlich, dass die Euro-Inflation in der zweiten Jahreshälfte auf 2,0% fällt. Generell blicken Volkswirte optimistischer auf die Inflationsentwicklung als noch im November, wie eine ZEW-Umfrage zeigt. Als Gründe hierfür nennen sie vor allem die weiter schwächelnde Konjunktur und die Entwicklung der Energiepreise.

EZB-Zinsentscheid am Donnerstag

Die Unsicherheit ist jedoch weiter hoch. So könnten die Energiepreise beispielsweise wieder deutlich anziehen, wenn sich der Nahost-Konflikt auf weitere Staaten in der Region ausweitet. Auch die Auswirkungen der Lohnentwicklung auf die Teuerung im Euroraum sind im Detail derzeit schwer abschätzbar. Aus diesem Grund plädieren auch die Verfechter einer eher restriktiven Geldpolitik im EZB-Rat dafür, die Lohnentwicklung im ersten Quartal abzuwarten, ehe Zinssenkungen ein Thema sind. Da diese Daten erst im Mai vollständig vorliegen, spricht diese Argumentationslinie gegen eine Zinssenkung vor der Juni-Sitzung der Europäischen Zentralbank.

Die andere Seite im Rat verweist dagegen auf die schwache konjunkturelle Entwicklung, die den Preisdruck dämpft. Für sie ist deshalb eine Lockerung bereits im April gut vorstellbar. Wenn der EZB-Rat am kommenden Donnerstag, den
7. März, zusammenkommt, könnte die Debatte zwar eventuell aufkommen, eine Verlängerung der Zinspause gilt jedoch als gesetzt.

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Die Inflation im Euroraum nähert sich weiter dem Zielwert der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2,0% an, den sie als Preisstabilität definiert. Doch auf den zweiten Blick zeigen die Daten zur Teuerung im Februar, dass der verbleibende Weg länger sein dürfte, als die jüngsten Erfolge bei der Preisentwicklung suggerieren.

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