Misstrauensvotum gescheitert

Japan steht vor vorgezogenen Neuwahlen

Japans Premier Suga hat das Misstrauensvotum der Opposition überstanden. Experten erwarten nun Neuwahlen für September. Olympia und die abebbende Corona-Pandemie sollen die Wiederwahl sichern.

Japan steht vor vorgezogenen Neuwahlen

mf Tokio

Nach dem gescheiterten Misstrauensvotum der Opposition gegen den japanischen Premierminister Yoshihide Suga am Dienstag zeichnet sich in dem Inselstaat ein Fahrplan für vorgezogene Neuwahlen ab. Laut japanischen Analysten wird Suga das Parlament voraussichtlich Anfang September auflösen. Die Neuwahl könnte dann spätestens am 29. September stattfinden. Sollte der 72-Jährige mit klarem Abstand siegen, würde er als Vorsitzender der Liberaldemokratischen Partei wiedergewählt werden können und dadurch Premier bleiben. Die Wahl des Parteichefs muss bis 30. September und die Parlamentswahl bis 21. Oktober stattfinden.

Dreierlei Kalkül

Sein Kalkül beruht auf mehreren Faktoren. Erstens sollen die von ihm gegen die öffentliche Meinung durchgesetzten Olympischen Spiele letztlich den Nationalstolz der Japaner schüren. Die Quote der Befürworter einer Austragung ist jüngsten Umfragen zufolge bereits gestiegen.

Zweitens wird die Impfkampagne bis September so weit fortgeschritten sein, dass die dann wohl gesunkenen Infektionszahlen ein Ende der wirtschaftlichen Einschränkungen erlauben dürften. Suga hat versprochen, dass sich alle Japaner bis November impfen lassen können. Drittens will der Regierungschef einen Nachtragshaushalt für bis zu 30 Bill. Yen (226 Mrd. Euro) ankündigen, um von der Pandemie besonders hart getroffene Wirtschaftssektoren zu unterstützen.

Ein nachhaltiger Aufschwung wird jedenfalls ohne eine Überwindung der Pandemie nicht möglich sein. Das unterstreichen die jüngsten Konjunkturdaten. Im Mai blieben sowohl die Exporte als auch die Industrie hinter den Erwartungen der Experten zurück. Zwar legten die Ausfuhren um 49,6% gegenüber Mai 2020 zu, aber damals waren sie durch die Pandemie stark eingebrochen. Im Vergleich zum April stagnierten die Exporte jedoch. Die Importe kletterten um 27,9% zum Vorjahr und um 0,7% zum Vormonat. Unter Berücksichtigung der höheren Preise sank das Importvolumen allerdings. „Der Aufwärtstrend bei Ausfuhren und Kapitalausgaben hilft, die Flaute im laufenden Quartal aufzufangen“, meint der Chefökonom des Forschungsinstituts Norinchukin, Ta­keshi Minami. Allerdings drohe der Chipmangel die Autoproduktion zu belasten, die die Exporte zuletzt besonders angetrieben hatte.

Zugleich bleiben die privaten Kapitalausgaben, die neben dem Außenhandel und dem Privatkonsum traditionell Japans Konjunktur stützen, ebenfalls schwach. In der Kernrate stiegen die Aufträge für Maschinen nur um 0,6% zum Vormonat und liegen nun noch 9% unter ihrem Hoch vom Dezember. Laut Capital Economics werden die Kapitalausgaben erst bei einem Erfolg der Impfkampagne wieder wachsen.