ZEW-Barometer

Konjunktur­pessimismus geht leicht zurück

Die ZEW-Umfrage von Mai zeigt, dass der Konjunkturpessimismus der Finanzmarktexperten überraschend etwas abgenommen hat. Eine Wende zum Besseren ist dies angesichts von Ukraine-Krieg, Lieferkettenstress und hoher Inflation aber nicht.

Konjunktur­pessimismus geht leicht zurück

ba Frankfurt

Finanzmarktexperten blicken im Mai ein Stück weit gelassener auf die weitere Konjunkturentwicklung in Deutschland und im Euroraum. Das ZEW-Barometer für die Aussichten der deutschen Wirtschaft in den kommenden sechs Monaten stieg um 6,7 auf −34,3 Punkte etwas stärker als erwartet an. Ökonomen hatten mit einem weiteren Rückgang auf −42,0 Zähler gerechnet, nachdem der Stimmungsindikator im März wegen des russischen Einmarsches in der Ukraine den stärksten Rückgang seit Umfragebeginn im Dezember 1991 hingelegt hatte und auch im April weiter abgerutscht war. Die aktuelle Lage wurde von den 184 befragten Analysten und institutionellen Anlegern hingegen erneut schwächer als im Vormonat beurteilt: Der entsprechende Index gab um 5,7 auf −36,5 Punkte nach.

„Verglichen mit dem vorangegangen Monat ist der Ausblick auf die wirtschaftliche Lage in Deutschland damit etwas weniger pessimistisch“, kommentierte Achim Wambach, Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Die Ex­perten gingen zwar weiter von einer Verschlechterung aus, allerdings mit einer geringeren Intensität. Die erheblichen Corona-Restriktionen in China zeigten sich in der aktuellen Umfrage auch im kräftigen Minus des Lagewertes – seien aber auch „eine schwere Bürde für das zukünftige Wirtschaftswachstum in Deutschland“, mahnte Wambach. Die „Zero Covid“-Strategie Pekings mit Lockdowns auch von Metropolen wie Schanghai verschärft die globale Lieferkettenproblematik. Die stark ex­portabhängige Industrie bekommt dies deutlich zu spüren, die Produktion hinkt dem Auftragseingang weiter hinterher. Zuletzt hat die hohe Unsicherheit zwar auch die Neubestellungen einbrechen lassen, die Auftragsbücher sind aber dennoch proppenvoll und warten auf Abarbeitung, wie Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank, betonte. „Die verbesserten ZEW-Konjunkturerwartungen dürften deshalb auch die Hoffnung auf eine Besserung der Lieferkettenproblematik widerspiegeln“, sagte Gitzel. Zudem dürften die Befragten „zumindest etwas erleichtert darüber sein, dass aus Russland weiterhin Gas fließt“.

Eine Wende zum Besseren ist der leichte Anstieg aber nicht, konstatierte auch LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch. „Derzeit ist aber die Unsicherheit generell zu hoch.“ Zum Ukraine-Krieg trete die hohe Inflation samt Reaktion der Geldpolitik. In der ZEW-Umfrage geht eine große Mehrheit der Experten von einer Anhebung der kurzfristigen Zinsen durch die EZB in den nächsten sechs Monaten aus. „Entsprechend rechnen sie mit einem Rückgang der Inflationsrate von ihrem gegenwärtig sehr hohen Niveau“, erklärte Wambach. Unterdessen mehren sich die Zeichen, dass die Europäische Zentralbank bereits im Juli die Zinswende einleitet (siehe auch Bericht auf dieser Seite).

Für die Eurozone zeichnen die vom ZEW befragten Experten ein ähnliches Bild wie für deren größte Volkswirtschaft: Die Konjunkturerwartungen klettern um 13,5 auf −29,5 Punkte während der Lageindikator um 6,5 auf −35,0 Zähler nachgibt. Eine rückläufige Wachstumsdynamik signalisieren auch die Früh­indikato­ren, die Composite Leading Indicators (CLI), der Industrieländerorganisation OECD – nicht nur für den Eu­roraum als Ganzes, sondern auch für Deutschland, Frankreich und Italien.