Deutsche Konjunktur

Institute dampfen Prognose ein

Die Perspektiven für die deutsche Konjunktur werden immer pessimistischer eingeschätzt. Jüngster Beleg sind die erneut gefallenen ZEW-Barometer. Und auch die kräftigen Prognosekorrekturen setzen sich fort – diesmal von den führenden Instituten.

Institute dampfen Prognose ein

ba Frankfurt

Ökonomen und Fi­nanzmarktexperten erscheinen die konjunkturellen Aussichten infolge des Ukraine-Krieges immer düsterer. Insidern zufolge haben die führenden Institute die Wachstumsprognosen für Deutschland kräftig eingedampft. Die monatliche ZEW-Umfrage unter 163 Analysten und institutionellen Anlegern wiederum hat für April ähnliche Erwartungen und Lageeinschätzungen ergeben wie zu Beginn der Corona-Pandemie im März 2020.

In der Frühjahrsprognose, die am heutigen Mittwoch vorgestellt werden soll, gehen die Ökonomen von einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2,7% in diesem Jahr aus. Im Oktober war noch ein Plus von 4,8% veranschlagt worden. Damit sind die an der Gemeinschaftsdiagnose beteiligten Institute – das RWI in Essen, das DIW in Berlin, das Ifo-Institut in München, das IfW Kiel und das IWH in Halle – aber noch optimistischer als die Ökonomen des Bankenverbands BdB, die ein BIP-Plus von 2,2% prognostizieren, und die Wirtschaftsweisen, die mit einem Wachstum von 1,8% rechnen.

Für 2023 hingegen sollen Reuters zufolge in der Gemeinschaftsdiagnose 3,1% stehen nach zuvor 1,9%. Im Falle eines sofortigen Lieferstopps von russischer Energie könnte die Wirtschaft im kommenden Jahr aber sogar merklich schrumpfen – um mehr als 2%. Eine schwere Rezession sei dabei nicht auszuschließen. Auch die Wirtschaftsweisen hatten bereits vor dem „substanziellen Risiko“ einer Rezession gewarnt – im Falle eines Importstopps russischer Energielieferungen oder eines Energieembargos seitens des Westens könne es gar noch schlimmer kommen, hieß es bei der Vorstellung des Prognose-Updates. Die Prognose der Wirtschaftsweisen, besonders aber die Gemeinschaftsdiagnose dient der Bundesregierung als Basis für ihre eigenen Projektionen, die wiederum die Grundlage für die Steuerschätzung bilden.

Auch in Sachen Inflation wird sich so schnell nichts ändern – in der Gemeinschaftsdiagnose wird eine Inflationsrate von durchschnittlich mehr als 6% für dieses Jahr erwartet, 2023 sollen es knapp 3% sein. Im März ist die Teuerungsrate wegen steigender Energie- und Lebensmittelpreise auf 7,3% geklettert, den höchsten Stand seit Herbst 1981. Die vom ZEW befragten Finanzmarktexperten haben ihre Inflationserwartungen zwar zurückgeschraubt – laut ZEW-Präsident Achim Wambach wurde damit der erhebliche Anstieg des Vormonats etwa zur Hälfte kompensiert –, „die Aussicht auf eine Stagflation in den kommenden sechs Monaten besteht jedoch nach wie vor“. Unter den monatlich von der DVFA befragten Investmentprofessionals rechnen immerhin 11% mit einer anhaltenden Krise, geprägt von Stagflation und weiteren Verwerfungen am Aktienmarkt. 64% hingegen denken, dass sich der Aufschwung signifikant abschwächen und die Mischung aus hohen Energiekosten und Inflation auch den Konsum beeinträchtigen wird. Ein Kippen der Konjunktur samt Abrutschen in die Rezession, die jedoch nicht lange anhalten wird, nehmen laut DVFA 19% an.

In der aktuellen ZEW-Umfrage wurde insbesondere die aktuelle Lage schwächer als im Vormonat beurteilt – und sie „wird sich noch weiter verschlechtern“, wie Wambach mahnte. Der Lageindikator sank um 9,4 auf −30,8 Punkte, die Konjunkturerwartungen um 1,7 auf −41,0 Zähler (siehe Grafik). Ökonomen hatten allerdings mit einem stärkeren Rückgang der ZEW-Konjunkturerwartungen auf −48 Zähler gerechnet. Im März war der Stimmungsindex so kräftig eingebrochen wie noch nie seit Beginn der Umfrage im Dezember 1991. Die Barometer für die Eurozone entwickelten sich ähnlich: Auch hier wurden die niedrigsten Stände seit März 2020 erreicht. Die Konjunkturerwartungen gingen um 4,3 auf −43,0 Punkte zurück. Das Lagebarometer verlor 6,6 auf −28,5 Punkte. Die Einschätzung der chinesischen Konjunktur fällt ebenfalls pessimistischer aus als im Vormonat – insbesondere die aktuelle Lage wird wegen der Coronasituation erheblich schwächer eingeschätzt. Die Lockdowns verschärfen zudem den globalen Lieferkettenstress.