ExklusivBankenverbandsprognose

Mehr als Schritttempo ist für die Weltwirtschaft nicht drin

Die strukturellen Änderungen in den globalen Produktions- und Lieferketten werden die globale Wirtschaft noch länger bremsen. In der neuen Halbjahresprognose des Bankenverbands BdB wird den großen Volkswirtschaften und dem Euroraum nur ein unterdurchschnittliches Wachstum vorausgesagt.

Mehr als Schritttempo ist für die Weltwirtschaft nicht drin

Bankenverbandsprognose

Mehr als Schritttempo ist nicht drin

Bankenverbandsprognose – Weltwirtschaft bleibt unter dem Trend – Zinswende erwartet

ba Frankfurt

Die Chefvolkswirte der privaten Banken erwarten, dass die Weltwirtschaft bis auf weiteres im Unsicherheitsmodus verharren und nur im Schritttempo vorankommen wird. Ursächlich für den längerfristig deutlich niedrigeren Wachstumstrend seien strukturelle Änderungen in den globalen Produktions- und Lieferketten, heißt es in der neuen halbjährlichen Prognose, die der Börsen-Zeitung vorab vorlag. Zu diesen Änderungen zählten geopolitische Verschiebungen und die strategische Frage nach dem Zugang zu wichtigen Rohstoffen ebenso wie das Bestreben, grenzüberschreitende Lieferketten widerstandsfähiger gegenüber Krisen und temporären Störungen zu machen. Dazu gehörten aber auch wirtschaftliche und technologische Entwicklungen, die zu einer Verschiebung von globalen Marktanteilen in der industriellen Produktion führen.

Die globalen Wachstumsaussichten sind nicht nur für das laufende, sondern auch für das kommende Jahr gedämpft. Die Weltwirtschaft als Ganzes dürfte 2023 um rund 2,5% zulegen, 2024 dann um 2,75% – dies ist gut 1 Prozentpunkt unter dem Trend der Vor-Corona-Jahre 2000 bis 2019. Nachdem in China nicht nur der bedeutsame Bausektor und auch die Exporte schwächeln, sondern auch strukturelle Faktoren wie etwa geo- und handelspolitische Spannungen die mittelfristigen Wachstumsperspektiven dämpfen, prognostizieren die Volkswirte hier ein Wachstum von 5% in diesem und von 4,5% im kommenden Jahr.

Abschwächung in den USA im Jahresverlauf

Den USA wiederum wird eine "unerwartet hohe Widerstandfähigkeit" bescheinigt. Wegen der zeitlich verzögerten Effekte der kräftigen Zinserhöhungen der Fed rechnet der BdB mit einer Abschwächung im weiteren Jahresverlauf, doch dürfte das Wachstum mit rund 2% das Vorjahresniveau halten. Für 2024 hat sich aus der Spannbreite zwischen Stagnation und 1,5% ein Wert von 0,7% herauskristallisiert. Spätestens im Frühjahr 2024 dürfte daher die Zinswende anstehen: Bis Jahresende dürfte die US-Notenbank den Zielsatz für Federal Funds mehrfach um letztlich 150 Basispunkte auf unter 4% absenken.

Und auch bei der EZB wird für 2024 immerhin ein Zinsschritt nach unten erwartet, auch wenn der Euro-Wirtschaft nur ein Plus von 0,5% und 0,7% zugetraut wird, während sich das Wachstum der Inflationsrate weiter abflachen dürfte – auf 2,8% im kommenden Jahr. Allerdings bestehe "ein gewisses Risiko einer 'zweiten' Inflationswelle durch die Lohnentwicklung" falls – wie schon im laufenden Jahr in vielen arbeitsintensiven Dienstleistungsbereichen – der Lohndruck weiter hoch bleibt.

Hohe Überschussliquidität

Die hohe Überschussliquidität ist den Chefvolkswirten gleichfalls eine Erwähnung wert: Aus geldpolitischer Sicht sei diese nicht notwendig und ihr Abbau gehöre zur Normalisierung der Geldpolitik. Dies würde die Zinsstraffung der EZB unterstützen, die Transmission der Geldpolitik verbessern, den Geldmarkt wiederbeleben und die durch die hohe Überschussliquidität entstehenden hohen Kosten durch Zinszahlungen senken. Allerdings, so mahnt der BdB zugleich, könnte der rasche Abbau der Überschussliquidität durch den Verkauf von Anleihen aus den Beständen des Eurosystems zu unerwünschten Marktreaktionen führen. Daher votieren die Chefvolkswirte für einen langsamen und vorsichtigen Abbau der Überschlussliquidität.

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