Teuerung

Nahrungsmittel­­preise treiben Inflation

Im Februar lösten die Nahrungsmittelpreise die Energiekosten als Treiber der deutschen Inflation ab – und stoppten unerwartet den sanften Abwärtstrend der Teuerung. Keine guten Nachrichten für die EZB vor der März-Sitzung.

Nahrungsmittel­­preise treiben Inflation

Die stark gestiegenen Lebensmittelpreise haben im Februar den erwarteten weiteren Rückgang der Inflation in Deutschland ausgebremst. Vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamts (Destatis) zufolge stieg die Teuerungsrate gemäß EU-Berechnung (HVPI) von zuvor 9,2% auf 9,3%. In nationaler Rechnung (VPI) stagnierte sie indes bei 8,7%. Ökonomen hatten einen Rückgang auf 8,5% erwartet. Im Monatsvergleich verteuerten sich Waren und Dienstleistungen im Februar um 0,8% (VPI) bzw. 1,0% (HVPI). Dass bereits Frankreich und Spanien über den Erwartungen liegende Inflationsdaten veröffentlicht haben, sind keine guten Vorzeichen für die Euro-Inflation, die das Statistikamt Eurostat an diesem Donnerstag vorlegt.

Gemessen an den bereits vorliegenden Daten aus den Bundesländern erwarten Ökonomen, dass auch die Kerninflationsrate – also ohne Nahrungsmittel und Energie – erneut zugelegt hat. Jörg Angelé, Ökonom bei dem Assetmanager Bantleon, rechnet mit 5,8% nach 5,6% im Januar. Keine guten Nachrichten also für die Europäische Zentralbank (EZB), die sich seit der Zinswende im Sommer vergangenen Jahres mit beispiellosen Zinserhöhungen gegen die anhaltend hohe Inflation stemmt. Für März gilt eine Erhöhung der Leitzinsen um erneut 50 Basispunkte als gesetzt, wobei auch innerhalb des EZB-Rats heftig über den weiteren geldpolitischen Kurs diskutiert wird. „Mit den jüngsten Daten von der Inflationsfront könnte aber nun auch das Pendel für die Mai-Sitzung in Richtung eines weiteren Zinsschritts um 50 Basispunkte schwingen“, sagte Christian Lips, Chefvolkswirt bei der Nord/LB. Finanzmarktteilnehmer und Ökonomen hatten zuletzt gar deutlich mehr Zinserhöhungen im Jahresverlauf eingepreist und prognostiziert als zuvor mit 3,5% für Juli.

Bundesbankpräsident Joachim Nagel untermauerte am Mittwoch sein Plädoyer für eine Fortsetzung des Straffungskurses über die Zinssitzung in zwei Wochen hinaus. „Der angekündigte Zinsschritt im März wird nicht der letzte sein“, sagte Nagel anlässlich der Vorlage des Jahresberichts der Bundesbank in Frankfurt (siehe nebenstehender Bericht). Er könne sich vorstellen, dass diese künftigen Zinsanhebungen „deutlich“ ausfallen, erklärte Nagel auf Rückfrage.

Der Bundesbankchef machte zugleich klar, dass er sich einen beschleunigten Abbau der Anleihebestände des Kaufprogramms APP wünschen würde. Der EZB-Rat hatte sich auf seiner jüngsten Sitzung auf den Einstieg in den Abbau verständigt. Von März bis Juni 2023 sollen von den auslaufenden Wertpapieren jeweils 15 Mrd. Euro pro Monat nicht mehr ersetzt werden. Nagel erklärte am Mittwoch, dass er ein höheres Tempo beim Abbau befürworte. Zugleich schloss er aktive Verkäufe von Anleihen aus. Die Bundesbank habe fest vor, die Anleihen bis zur Endfälligkeit zu halten, zumal ein Verkauf ja gegebenenfalls zu Wertberichtigungen zwingen würde.

Im Februar erwiesen sich die Nahrungsmittelpreise als die Preistreiber: Sie stiegen im Vergleich zum Vorjahresmonat mit 21,8% überdurchschnittlich, wie die Wiesbadener Statistiker betonten. Im Januar war ein Plus von 20,2% gemessen worden. Auch der Anstieg der Jahresteuerungsraten in Frankreich (von 7,0% auf 7,2%) und in Spanien (von 5,9% auf 6,1%) wurde vor allem durch höhere Lebensmittelpreise befeuert. Bei den Energiepreisen hingegen verzeichnete Destatis eine leichte Entspannung: Sie kletterten hierzulande zwar um 19,1% im Jahresvergleich nach 23,1% im Januar. Hier dürfte aber die Gas- und Strompreisbremse geholfen haben, wie DWS-Volkswirtin Ulrike Kastens anmerkt. Sebastian Becker von der Deutschen Bank erwartet, „dass schon im März größere Basiseffekte für Energie die Gesamtinflationsrate spürbar dämpfen dürften“. Für eine Entwarnung sei es aber zu früh. „Mit Blick auf die anstehenden Tarifverhandlungen besteht ein Risiko, dass übermäßig hohe Lohnabschlüsse die Kernrate für eine noch längere Zeit über der Marke von 5% und mehr halten könnten“, warnt Becker. Zudem würden aktuell noch immer viele Unternehmen ihre höheren Kosten an die Endverbraucher weiterreichen. Hier verheißt aber eine Ifo-Umfrage Entspannung: So würden deutlich weniger Unternehmen in den nächsten drei Monaten ihre Preise erhöhen wollen. Der Ifo-Indikator sank für die Gesamtwirtschaft im Februar von 35,2 auf 29,1 Punkte.

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