Bundeshaushalt

Neue Schulden für mehr Sicherheit

Mit einem Sondertopf will die Bundesregierung Versäumnisse bei der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr ausbügeln. 2022 kommt der Bund damit insgesamt auf 200 Mrd. Euro neue Schulden.

Neue Schulden für mehr Sicherheit

wf Berlin

Die Bundesregierung verschiebt wegen des Russland-Kriegs die Haushaltsplanung um eine Woche. Erst am 16. März will nun das Kabinett den neuen Entwurf des Bundeshaushalts 2022, die Eckwerte des Etats 2023 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2026 beschließen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) begründete den Zeitplan vor Journalisten in Berlin damit, dass die Gespräche mit seinen Kabinettskollegen über den Etat wegen des aktuellen Russland-Krieges vertagt werden mussten.

Mit Hochdruck wird Lindner zufolge an den Details eines Sondervermögens von 100 Mrd. Euro für die Bundeswehr gearbeitet. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte dies am Sonntag im Bundestag angekündigt. Es soll 2022 aufgelegt werden und zusätzliche Ausgaben der Bundeswehr in den nächsten Jahren finanzieren. Faktisch handelt es sich um Kreditermächtigungen neben dem Kernhaushalt des Bundes. Im Kernhaushalt hatte die alte Regierung für 2022 eine Nettokreditaufnahme von 99,7 Mrd. Euro geplant. Lindner betonte, dabei bleibe es. Summiert verschuldet sich der Bund damit 2022 mit fast 200 Mrd. Euro zusätzlich. Die Schuldenbremse bleibt in diesem Jahr wegen der Kosten der Corona-Pandemie ausgesetzt. Von 2023 an soll sie wieder ziehen. Daran hält Lindner fest.

Das Sondervermögen soll es erlauben, den Verteidigungshaushalt auf die Nato-Quote von 2% des Bruttoinlandsprodukts aufzustocken. Dieses Ziel haben die Partner des Verteidigungsbündnisses für 2024 vereinbart. Es soll in Berlin bereits in diesem Jahr umgesetzt werden. Damit sind Ausgaben von etwas mehr als 70 Mrd. Euro im Jahr fällig. Aktuell liegt der Wehretat bei 50,3 Mrd. Euro inklusive einer einmaligen Corona-Komponente von 1,2 Mrd. Euro. Bis 2025 sieht die mittelfristige Planung bislang wieder sinkende jährliche Ausgaben bis auf 46,7 Mrd. Euro vor.

Fonds reicht fünf Jahre

Rein rechnerisch müssen damit rund 20 Mrd. Euro jedes Jahr aus dem Fonds abfließen, um die Nato-Quote zu erfüllen. Der Finanzausstattung reicht dann für fünf Jahre. Bis 2026 reicht auch die mittelfristige Planung, die das Kabinett demnächst beschließen wird. Die Ausgaben des Sondervermögens festzulegen ist Aufgabe des Bundesverteidigungsministeriums. Zugleich soll auch das Beschaffungswesen der Bundeswehr überarbeitet werden, das vielfach als wenig effizient kritisiert wurde.

Absichern will Lindner das Sondervermögen für die Bundeswehr im Grundgesetz. Für eine Grundgesetzänderung benötigt die Ampel-Koalition Stimmen der Opposition im Bundestag und der Länder im Bundesrat. Lindner will die Zweckbindung der Mittel auch für künftige Regierungen festschreiben und rechtlich klarstellen, dass es um dauerhafte Krisenprävention geht. Ausnahmen für aktuelle Notlagen, wie sie die Schuldenbremse einräumt, können dem Bundesfinanzminister zufolge damit nicht genutzt werden.

Die Kreditermächtigungen für das Sondervermögen werden dem Jahr zugerechnet, in dem der Bundestag die Kredite billigt. Ursprünglich waren die Kredite dem Jahr der Aufnahme zugerechnet worden. Die Amel hatte dies aber als eine ihrer ersten Amtshandlungen geändert, um den Energie- und Klimafonds mit Kreditermächtigungen vollzupumpen und nicht mit der Schuldenbremse in Konflikt zu geraten. Offen ist bislang, ob die Schulden des neuen Sondervermögens getilgt werden müssen.

Der Oppositionsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Friedrich Merz, hatte am Sonntag Unterstützung der CDU/CSU für eine bessere Ausstattung der Bundeswehr signalisiert. Zugleich warnte er davor, Lasten auf künftige Generationen zu verlagern. Da werde die Union nicht mitmachen. Die Linke im Bundestag sprach sich gegen das „Wettrüsten“ aus. Die Parteichefin der Grünen, Ricarda Lang, signalisierte mit Blick auf den Sonderfonds am Montag Gesprächsbedarf. „Wir sind uns gemeinsam einig, dass die Verteidigungsausgaben steigen müssen“, sagte Lang laut Nachrichtenagentur Reuters. Über die konkrete Ausgestaltung gebe es noch Gespräche.

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