Mindeststeuer

Polnische Erpressung

Polen blockiert die Umsetzung der globalen Mindeststeuer auf EU-Ebene. Mit dem Thema glaubt die polnische Regierung offenbar, ein neues Druckmittel im Streit mit Brüssel um die Rechtsstaatlichkeit gefunden zu haben.

Polnische Erpressung

Bei der Umsetzung der erst im Oktober auf OECD-Ebene gefundenen globalen Einigung auf eine Mindeststeuer hat die EU bislang eine recht gute Figur abgegeben: Die Europäische Kommission hat schon im Dezember einen schnörkellosen Gesetzesvorschlag auf den Tisch gelegt, und die französische Ratspräsidentschaft hat seither alles darangesetzt, mit Kompromissangeboten auch die letzten Skeptiker mit ins Boot zu holen. Irland ist längst kein Wackelkandidat mehr. Die Probleme mit Malta, Estland und Schweden wurden gelöst, unter anderem indem neue Übergangsfristen eingefügt wurden. Nur Polen stellt sich jetzt noch quer und verhindert, dass sich die EU als Vorreiter bei der Umsetzung feiern lassen und damit auch Druck auf den US-Entscheidungsprozess ausüben kann.

Die Argumente, die die Regierung in Warschau für ihre Blockade vorbringt, sind dabei fadenscheinig und unglaubwürdig: Angeblich geht es darum, dass es kein grünes Licht für die Mindeststeuer geben kann, ohne dass nicht auch schon der zweite Teil der OECD-Einigung fertig ist, nämlich die Einführung eines neuen Verteilungsschlüssels für die Besteuerung digitaler Unternehmen. Diese andere Säule kann die EU aber nicht allein umsetzen und ist auf internationale Abkommen angewiesen. Der Kompromiss sah nun eine EU-Ratserklärung vor, die beide Säulen des OECD-Pakets erneut politisch verknüpfen sollte. Doch dies reichte Polen nicht, weil die Erklärung juristisch ja nicht verbindlich wäre.

Der wahre Grund für das polnische Veto dürfte aber ein anderer sein und mit dem Streit um die Rechtsstaatlichkeit zu tun haben, den das Land seit langem mit Brüssel ausficht. Der Druck auf die rechtsnationale Regierung in Warschau in dieser Angelegenheit wird nämlich immer größer, auch durch verlorene Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof. Erst im Februar hatten die Richter eine Klage gegen den neuen EU-Rechtsstaatsmechanismus abgeschmettert. Jetzt gibt es endgültig Sicherheit, dass einem Land, das sich nicht an die grundlegenden demokratischen Standards hält, auch Gelder gestrichen werden können. Ohnehin ist Polen ja eines der wenigen EU-Mitglieder, das bis heute keine Mittel aus dem Corona-Wiederaufbaufonds erhalten hat. Satte 36 Mrd. Euro hält die EU-Kommission bisher zurück.

Mit dem Thema Mindeststeuer glaubt die polnische Regierung jetzt offenbar, ein neues Druckmittel gefunden zu haben, das mit in die Verhandlungsmasse fließen kann. Doch damit dürfte sich das Land innerhalb der EU nur noch weiter isolieren.

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