Niedrigwasser

Rhein wird praktisch unpassierbar

Aufgrund des Niedrigwassers steigen die Transportkosten – und die Schifffahrt auf dem Rhein wird unrentabel. Ökonomen rechnen mit Wachstumseinbußen. Besonders die Chemieindustrie ist betroffen.

Rhein wird praktisch unpassierbar

ast Frankfurt

Das Niedrigwasser im Rhein macht der deutschen Wirtschaft zunehmend zu schaffen. An der viel befahrenen Engstelle in Kaub bei Koblenz wird der Rhein voraussichtlich ab Freitag praktisch unpassierbar sein. Dass die wichtigste Wasserstraße Deutschlands damit quasi ausfällt, dürfte die Produktion von zwei Kohlekraftwerken beeinträchtigen und insbesondere die Chemieindustrie hart treffen. Ökonomen warnen bereits davor, dass die Trockenheit im Rhein eine Rezession wahrscheinlicher macht. „Wir erwarten eine Intensivierung des Niedrigwassers“, hieß es am Mittwoch aus dem Bundesverkehrsministerium.

Der Pegelstand in Kaub bei Koblenz lag am Mittwoch nur noch bei 48 Zentimetern. In den kommenden Tagen dürfte er Behördenangaben zufolge unter Werte fallen, die für Lastkähne und Binnenschifffahrt maßgeblich sind. Seit Wochen fahren Frachter wegen des Niedrigwassers bereits mit reduzierter Ladung. Das macht den Transport teuer: Die Spotpreise für Schiffe für den Transport von Rotterdam nach Karlsruhe sind auf etwa 110 Euro pro Tonne gestiegen. Bei normalen Wasserständen sind 20 Euro pro Tonne fällig.

Der Wassermangel verschärft die kriegsbedingten Engpässe in Energieversorgung und Industrie. Die Ratingagentur Moody’s hebt in einem Briefing insbesondere die schwierige Lage für die Chemieindustrie hervor. Bereits 2018 war der Chemiekonzern BASF infolge des Niedrigwassers auf dem Rhein gezwungen, die Produktion zu drosseln, was den Ertrag den Analysten zufolge um 250 Mill. Euro schmälerte. Auch aktuell schließt BASF Produktionskürzungen nicht aus, sollten die Pegelstände weiter sinken und die Logistik beeinträchtigen. 40% der Güter am größten Produktionsstandort von BASF in Ludwigshafen werden per Schiff angeliefert. Ein kurzfristiger Umstieg auf Alternativen wie Straße und Schiene ist laut Moody’s nicht möglich.

Ein weiteres Problem stellt die Zufuhr von Kühlwasser aus dem Rhein dar. Das gilt für die Chemieindustrie ebenso wie für Kohlekraftwerke. BASF hat seit dem letzten Niedrigwasser in eine neue Kühlanlage investiert, die den Betrieb unabhängiger von den Wassertemperaturen machen soll. Auch der Stahlkonzern Thyssen-Krupp hatte 2018 mit Lieferproblemen zu kämpfen, weil die Frachter nicht voll beladen werden konnten. In der Folge baute das Unternehmen Lagerkapazitäten aus und stellte auf leichtere Frachter um.

„Wir erwarten ohnehin, dass die deutsche Wirtschaft ab dem dritten Quartal in eine leichte Rezession fällt und das Wachstum 2022 nur noch 1,2% betragen sollte“, sagt der Deutschland-Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Stefan Schneider. „Falls die Wasserstände weiter sinken, könnte das Wachstum auch knapp unter 1% sinken.“ Die Ökonomen der LBBW rechnen mit BIP-Einbußen von 0,25 bis 0,5 Prozentpunkten durch Niedrigwasser.

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