Eurozone

Robuste Kreditvergabe überrascht Ökonomen

Daten der EZB zeigen eine rege Nachfrage nach Krediten vonseiten der Unternehmen im Euroraum. Das Geldmengenwachstum verlangsamt sich weiter.

Robuste Kreditvergabe überrascht Ökonomen

rec Frankfurt

Unternehmen in der Eurozone haben im Juli deutlich mehr Kredite nachgefragt. Banken reichten 7,7% mehr Kredite aus als im Juni, wie die Europäische Zentralbank (EZB) am Freitag mitteilte. Das ist der stärkste Anstieg seit mehr als 13 Jahren und für Ökonomen ein klares Zeichen, dass die EZB sich trotz der angelaufenen Zinswende vorerst keine größeren Sorgen um die Finanzierungsbedingungen in der Eurozone machen muss.

Beobachter zeigten sich überrascht. ING-Ökonom Bert Colijn meint, die EZB könnte das anhaltend starke Wachstum der Kreditvergabe an Unternehmen „als Zeichen dafür werden, dass der neutrale Zinssatz noch in weiter Ferne liegt“. Der neutrale Zins gilt als Niveau, das die Wirtschaft weder anschiebt noch bremst. Nach Schätzungen der EZB liegt der neutrale Zins derzeit zwischen 1 und 2%. Nach Abschaffung der Negativzinsen im Juli wird die EZB am 8. September aller Voraussicht nach eine weitere Zinserhöhung folgen lassen – die Frage ist nur, wie stark.

Am Markt herrscht die Erwartung vor, dass der EZB-Rat eine zweite Erhöhung um einen halben Prozentpunkt nachlegt. Die nun veröffentlichten Daten zur Kreditvergabe sprechen tendenziell ebenso dafür wie der Umstand, dass die Inflation im Euroraum zwischenzeitlich nochmal stärker gestiegen ist, auf zuletzt 8,9%. Mit der Zinswende gehen Sorgen einher, dass sich die Finanzierungsbedingungen in der Eurozone rasch verschlechtern könnten.

Dafür liefern die jüngsten Daten keine Hinweise. Die Kreditvergabe an private Haushalte ist mit einem Plus von 4,5% im Juli nahezu stabil. Das gilt auch für Immobilienkredite: Hier hat sich die Wachstumsrate seit Monaten im Bereich von 3,5% verstetigt (siehe Grafik).

Geldmenge steigt langsamer

Die Geldmenge in der Eurozone ist im Juli erneut langsamer gewachsen. Die breit gefasste Geldmenge M3 legte im Monatsvergleich um 5,5% zu. Somit hat sich das Wachstum der Geldmenge den neunten Monat in Serie abschwächt. Kritiker sehen in starkem Wachstum der Geldmenge einen Inflationstreiber. Analysten hatten für Juli einen Rückgang in dieser Größenordnung erwartet. Die enger gefasste Geldmenge M1 wuchs im Juli ebenfalls schwächer, die Rate fiel von 7,2% auf 6,7%.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.