Ukraine-Krieg

Russische Notenbank senkt Leitzins kräftig

Russlands Zentralbank hat angesichts westlicher Sanktionen und einer drohenden Rezession den Leitzins überraschend kräftig gesenkt. Zugleich hat Russland erneut in letzter Minute einen offiziellen Zahlungsausfall abgewendet.

Russische Notenbank senkt Leitzins kräftig

Reuters Moskau

Russlands Zentralbank hat angesichts westlicher Sanktionen und einer drohenden Rezession den Leitzins überraschend kräftig gesenkt. Sie setzte ihn am Freitag um volle 3 Punkte auf 14% herunter. Von Reuters befragte Experten hatten nur eine Senkung um 2 Punkte auf dem Zettel. Die Moskauer Währungshüter signalisierten zudem Bereitschaft, im Laufe des Jahres weitere Lockerungsschritte zu gehen. Experten erwarten, dass das Zinsniveau Ende des Jahres bei 10,5% liegen könnte.

Der Rubel stieg unterdessen zum Euro auf den höchsten Stand seit mehr als zwei Jahren. Die Stabilisierung der Landeswährung dürfte dabei helfen, die Inflationsgefahren ein wenig abzumildern. Die Teuerungsrate lag zuletzt bei 17,6%. Die Notenbank erwartet, dass sie dieses Jahr bis zu 23% erreichen kann. Sie strebt einen Wert von 4% an.

Um einen Absturz des Landeswährung Rubel zu verhindern, hatte die Zentralbank den Zinssatz nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine zunächst von 9,5 auf 20,0% angehoben und danach in einem ersten Schritt auf 17% zurückgenommen.

Das russische Wirtschaftswachstum hat sich nach Angaben des zuständigen Ministeriums im März auf 1,6% von 4,3% im Februar verlangsamt. Im ersten Quartal habe die Wirtschaftsleistung noch um 3,7% im Jahresvergleich zugenommen. Die russische Wirtschaft könnte laut Regierungsunterlagen in diesem Jahr schlimmstenfalls um bis zu 12,4% schrumpfen. Dies signalisiert, dass die Sanktionen des Westens wegen des Kriegs in der Ukraine Wirkung zeigen.

650 Mill. Dollar überwiesen

Unterdessen hat Russland erneut in letzter Minute einen offiziellen Zahlungsausfall abgewendet. Das russische Finanzministerium überwies nach eigenen Angaben vom Freitag insgesamt knapp 650 Mill. Dollar an die Inhaber zweier Staatsanleihen. Ursprünglich hatte das Land, dessen Devisenreserven wegen der westlichen Sanktionen zum großen Teil eingefroren sind, angekündigt, diese Zahlungen in Rubel zu leisten. Ratingagenturen hatten angekündigt, dass sie den Schuldendienst für diese Anleihen in Rubel als Zahlungsausfall werten würden, da in den Börsenprospekten Dollar als Auszahlungswährung festgeschrieben sei. Das russische Finanzministerium transferierte die Dollarsumme den Angaben zufolge an die Londoner Filiale der Citibank, die sie dann an die Anleihegläubiger weiterleiten wird. Die US-Regierung betonte, dass sie für die Zahlungen keine der in ihrer Jurisdiktion eingefrorenen Gelder freigegeben habe.

Der eigentliche Termin für aktuellen Zahlungen lag Anfang April, allerdings gilt eine 30-tägige Nachfrist bis zum 4. Mai. Erst wenn diese verstrichen wäre, wäre der Zahlungsausfall offiziell geworden. Russland hatte zuletzt während der Russischen Revolution von 1917 seine Schulden nicht bedient. Damals hatten die Bolschewiken Verbindlichkeiten aus der Zarenzeit nicht anerkannt.

Derweil äußerten sich höchste Stellen in Russland am Freitag widersprüchlich über eine mögliche Koppelung des Rubel-Kurses an den Goldpreis. Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow erklärte, dieser Schritt werde mit Staatsoberhaupt Wladimir Putin diskutiert. Einzelheiten nannte Peskow nicht. Dagegen sagte die russische Zentralbankchefin Elvira Nabiullina, dies werde „in keiner Weise diskutiert“. Vor einigen Tagen hatte der Sekretär des Sicherheitsrates und enge Putin-Vertraute Nikolai Patruschew erklärt, es würden Vorschläge zur Bindung des Rubels an Gold und andere Güter ausgearbeitet. Ein solches Vorhaben könne Russland mehr Souveränität über sein Finanzsystem geben. Dieses steht wegen der internationalen Sanktionen nach der Ukraine-Invasion unter Druck.

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