Leitzins steigt

Russische Zentralbank legt nach im Kampf gegen Rubel-Verfall

Bereits zum dritten Mal in weniger als zwei Monaten erhöht die russische Zentralbank den Leitzins. Der Kurswechsel soll die Inflation senken und den Rubel stärken – wird für die Wirtschaft jedoch auch zur Belastung.

Russische Zentralbank legt nach im Kampf gegen Rubel-Verfall

Zentralbank legt nach im Kampf gegen Rubel-Verfall

mpi Frankfurt

Russische Währungshüter erhöhen Leitzins um 100 Basispunkte – Inflation im Aufwärtstrend – Wirtschaft unter Druck

Um die anziehende Inflation zu senken und den schwachen Rubel zu stärken, hat die russische Zentralbank ihre dritte Zinserhöhung in weniger als zwei Monaten beschlossen. Der Leitzins steigt um 100 Basispunkte auf 13,0%, wie die Notenbank am Freitag im Moskau mitteilte. Für die russische Wirtschaft wird der Kurswechsel damit zur immer stärkeren Belastung. Ende Februar 2022 hatte die Zentralbank wegen des Einsturzes des Rubel nach Beginn des Ukraine-Kriegs den Leitzins drastisch von 9,5% auf 20% erhöht und dann bis Juli 2023 schrittweise wieder gesenkt.

Großer Verlierer

Der Rubel hat in diesem Jahr gegenüber dem Dollar rund 25% an Wert verloren. Damit gehört er neben dem argentinischen Peso und der türkischen Lira zu den größten Verlierern des Jahres unter den Schwellenländerwährungen. Hauptgrund dafür sind die westlichen Sanktionen gegen Russland. Um den Verfall zu stoppen, hatten die Währungshüter Ende Juli eine Kurswende eingeleitet und den Leitzins um 100 Basispunkte von 7,5% auf 8,5% erhöht. Als dies nicht den gewünschten Effekt erzielte, berief die Notenbank für den 15. August eine Notfallsitzung ein, auf der sie eine Zinserhöhung um 350 Basispunkte verkündete und im Anschluss weitere Erhöhungen in Aussicht stellte.

Diese vollzog sie nun auf ihrer planmäßigen Zinssitzung. Im Vorfeld waren sich Ökonomen uneins, ob die Notenbank angesichts der schwächelnden Wirtschaft den Leitzins im September tatsächlich ein weiteres Mal erhöht. Eine Mehrheit der von der Nachrichtenagentur Bloomberg befragten Volkswirte hatte keinen Zinsschritt prognostiziert. Diejenigen, die einen vorhersagten, rechneten mit einer Erhöhung zwischen 50 und 150 Basispunkten. „Angesichts der Entschlossenheit der Zentralbank, die Kapitalkontrollen nicht zu verschärfen, kann sie den Rubel nur durch Zinserhöhungen stützen“, hatte Tatiana Orlova, Ökonomin bei Oxford Economics, vor dem Zinsentscheid gesagt und eine Erhöhung um 100 Basispunkte prognostiziert.

Neue Inflationsprognose

„Erhebliche inflationäre Risiken haben sich herauskristallisiert, nämlich das Wachstum der Inlandsnachfrage, das die Produktionsausweitungskapazität übersteigt, und die Abwertung des Rubel in den Sommermonaten“, teilte die Zentralbank am Freitag in ihrer Stellungnahme mit. „Daher ist es erforderlich, die monetären Bedingungen zusätzlich zu verschärfen, um die Abweichung der Inflation nach oben zu begrenzen und sie im Jahr 2024 wieder auf 4% zu bringen.“ Ob noch weitere Zinserhöhungen im Jahresverlauf nötig seien, ließen die Währungshüter offen. Dies werde von Sitzung zu Sitzung anhand der Daten entschieden. Der Rubel reagierte am Freitag kaum auf die Zinserhöhung.

Die russische Zentralbank strebt eine Inflationsrate von 4% an. Seit Mai steigt die Teuerung wieder und liegt mit 5,5% im September über dem Zielwert. Sie dürfte in den kommenden Monaten weiter steigen – und das stärker als bislang gedacht. In ihrer am Freitag veröffentlichten Inflationsprognose geht die Zentralbank von einer Jahresrate von 6% bis 7% aus. Zuvor hatte die bei 5% bis 6,5% gelegen. Für 2024 gehen die Währungshüter weiter davon aus, dass die Teuerung wieder auf 4% und damit auf den Zielwert sinkt.

Zinshöhepunkt erreicht?

„Die aktuelle Erhöhung markiert wahrscheinlich den Höhepunkt des Leitzinses in diesem Zyklus, da die Rezessionsrisiken beginnen, die Sorgen über die Inflation zu überwiegen, während sich die Wirtschaft in den kommenden Monaten abkühlt“, schätzt Alexander Isakov, Wirtschaftsexperte für Russland bei Bloomberg Economics, die Lage ein.

Die russische Wirtschaft ist seit dem Angriffskrieg der Regierung auf die Ukraine international weitgehend isoliert. Die Konjunktur leidet unter den wegfallenden Absatzmärkten und den fehlenden Importen aus westlichen Staaten.

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