Deutsche Industrie

Sondereffekt füllt Auftragspolster

Die ungewöhnlich zahlreichen Flugzeugbestellungen haben die Auftragspolster der deutschen Industrie im Dezember wieder aufgefüllt. Die Reichweite hat ebenfalls zugelegt. Allerdings dürfte dies nur eine Verschnaufpause und keine Trendwende sein.

Sondereffekt füllt Auftragspolster

Sondereffekt füllt Auftragspolster der deutschen Industrie

Bestand und Reichweite legen zu

ba Frankfurt

Die üppig ausgefallenen Flugzeugbestellungen füllen der deutschen Industrie die abgeschmolzenen Auftragspolster auf. Da der erste Anstieg des Auftragsbestands nach fünf Rückgängen allerdings auf volatilen Großaufträgen beruht und die für Deutschland wichtige Automobilindustrie seit Februar 2023 einen Abwärtstrend verzeichnet, wenn auch auf immer noch hohem Niveau, wird für die kommenden Monate wieder mit rückläufigen Auftragsbeständen gerechnet. Denn Rückstände durch die Lieferengpässe infolge der Corona-Pandemie sind mittlerweile weitestgehend abgearbeitet, die Lager gut gefüllt und die Unternehmen dürften daher vermehrt die Produktion einschränken. Die erwartete Konjunkturerholung dürfte sich daher weiter hinausschieben.

Ändern könnte sich die Lage allerdings, wenn sich die Situation im Roten Meer weiter zuspitzen würde bzw. länger andauern sollte. Die EU-Außenminister haben am Montag grünes Licht für eine Marine-Mission gegeben, um die internationale Frachtschifffahrt vor den anhaltenden Angriffen der jemenitischen Huthi-Rebellen zu schützen. Bislang wählen nämlich viele Reedereien lieber den Umweg über das Kap der Guten Hoffnung, auch wenn dies die Fahrtzeit um bis zu 20 Tage verlängert und die Frachtkosten in die Höhe treibt. Die Auswirkungen auf die globale Produktion und Verbraucherpreise dürften sich allerdings in Grenzen halten, analysiert die Bundesbank in ihrem Monatsbericht Februar.

Rückgang im Jahresvergleich

Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) ist der preis-, saison- und kalenderbereinigte Auftragsbestand im verarbeitenden Gewerbe im Dezember um 0,5% zum Vormonat gestiegen. Während die offenen Bestellungen aus dem Ausland um 0,2% zulegten, kletterte der Bestand an Aufträgen aus dem Inland um 0,9%. Im Jahresvergleich sank der Auftragsbestand kalenderbereinigt um 5,1%.

„Nur eine Atempause“

„Großaufträge haben den Abwärtstrend aufgehalten“, kommentierte Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Dank des Sondereffekts hatte die Industrie im Dezember 8,9% mehr Aufträge eingesammelt als im Vormonat – ohne die volatile Größe hätte sich ein Rückgang um 2,2% ergeben.

„Wahrscheinlich ist das nur eine Atempause“, erwartet Krüger daher mit Blick auf den Auftragsbestand. Dieser dürfte auch wegen gut gefüllter Lager weiter abnehmen. Und: „Die sich abzeichnende Abwanderung von Unternehmen sorgt perspektivisch für neuen Druck.“

Überdurchschnittlich viele Flugzeugbestellungen

Die positive Entwicklung im Monatsvergleich beruht insbesondere auf den Auftragsbeständen im sonstigen Fahrzeugbau (+6,0%) sowie bei elektrischen Ausrüstungen (+4,6%). „Der starke Anstieg in diesen Bereichen ist auf Großaufträge zurückzuführen“, betonten die Wiesbadener Statistiker. „Insbesondere wurden im Dezember 2023 außergewöhnlich viele Flugzeuge bestellt.“ Negativen Einfluss hatte dagegen die Automobilindustrie (−5,3%).

Reichweite steigt ebenfalls

Gestiegen ist auch die Reichweite, also die Zeit, die die Unternehmen bei gleichbleibendem Umsatz theoretisch produzieren müssten, um die bereits vorhandenen Aufträge abzuarbeiten. Sie liegt nun wieder bei 7,0 Monaten nach 6,9 Monaten im November und Oktober. Im September waren es allerdings noch 7,0 Monate nach 7,1 Monaten im August.

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