Bundestagswahl 2021

Sondierungen biegen auf Zielgerade

Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP wollen noch in dieser Woche entscheiden, ob sie in Koalitionsverhandlungen eintreten. Die Sondierungsgespräche am Freitag sollen Klarheit bringen.

Sondierungen biegen auf Zielgerade

sp/Reuters Berlin

Die Sondierungsgespräche der Spitzen von SPD, Grünen und FDP über eine mögliche Ampel-Koalition auf Bundesebene biegen auf die Zielgerade ein. „Wir haben das Ziel, am Freitag eine Grundlage zu schaffen, damit Klarheit über die nächsten Schritte herbeigeführt werden kann“, sagte FDP-Generalsekretär Volker Wissing am Dienstag nach der zweiten Runde der vertieften Sondierungen. Die nächsten Gespräche sind für Freitag angesetzt. Danach wollen die Verhandler entscheiden, ob sie ihren Parteigremien den Eintritt in Koalitionsverhandlungen empfehlen wollen. Das wird nicht zuletzt davon abhängen, wie SPD und Grüne zwischen den roten Linien „keine Steuererhöhungen“ und „keine Aufweichung der Schuldenbremse“ navigieren, die die FDP am Wochenende noch einmal nachgezogen hat. „Höflich und sachorientiert miteinander zu sprechen, ist das eine, das Gesagte schriftlich auszuformulieren, ist dagegen die Stunde der Wahrheit. Diese liegt nun vor uns“, sagte Wissing am Dienstag vielsagend. Es sei noch nicht entschieden, dass es zu Koalitionsverhandlungen komme, betonte der FDP-Generalsekretär.

SPD und Grüne zeigten sich dennoch zuversichtlich für den weiteren Verlauf der Gespräche. „Die Menge an Gemeinsamkeiten ist größer geworden, die Menge an Unterschieden ist kleiner geworden“, sagte Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner. „Wir sind auf einem guten Weg“, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. „Ich glaube, das kann was Gutes werden.“ Zuvor hatten die Sondierungsteams aller drei Parteien unter Führung von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, den Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck sowie FDP-Chef Christian Lindner gut vier Stunden beraten. Scholz brach danach zur Herbsttagung des IWF in Washington auf, von der er erst am Donnerstag zurückkehren wird. Am Montag hatten die Beratungen gut zehn Stunden beansprucht.

„Entscheidende Tage“

Die Generalsekretäre Klingbeil und Wissing wollen nun zusammen mit Kellner die Ergebnisse der Gespräche aus dieser Woche in ein Papier fassen. Dies soll am Mittwoch geschehen und spätestens am Donnerstag abgeschlossen werden. „Wir werden die Beratungen der letzten Tage auswerten und zu Papier bringen, was wir gemeinsam tragen können“, sagte Wissing. Auch Klingbeil sprach von „entscheidenden Tagen“. Sollten als Ergebnis der Sondierungsrunde am Freitag Koalitionsverhandlungen empfohlen werden, müssten bei den Grünen am Sonntag ein Länderrat, bei der SPD der Parteivorstand und bei der FDP ebenfalls Parteigremien grünes Licht geben.

Alle drei Parteien betonten am Dienstag, dass es sich bei den Sondierungen noch nicht um Koalitionsgespräche handele, bei denen man in die Details gehe. Damit wollte man wohl auch der Erwartung entgegenwirken, dass Koalitionsverhandlungen gegebenenfalls im Eiltempo durchgepeitscht werden könnten. Zu den Inhalten der bisherigen Gespräche äußerten sich Klingbeil, Kellner und Wissing am Dienstag nicht. Laut Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der ebenfalls an den Gesprächen teilnahm, kamen am Dienstag unter anderem die Themen Europa, Flucht und Migration zur Sprache.

Wissing wich am Dienstag der Frage nach den Differenzen in der Steuer- und Finanzpolitik aus und betonte, dass man „Schritt für Schritt“ vorgehen wolle. Vor den Sondierungen in dieser Woche hatten führende FDP-Politiker mehrfach betont, dass die Ablehnung von Steuererhöhungen und eine Lockerung der Schuldenbremse für die Liberalen „rote Linien“ seien. Wie die Partner in einer möglichen Ampel-Koalition die steuer- und haushaltspolitischen Vorstellungen der Liberalen mit den gesellschaftspolitischen Plänen der SPD  und dem klimapolitischen Pflichtenheft der Grünen in Einklang bringen wollen, dürfte ein wesentliches Thema für die Gespräche am Freitag sein.

Um zeitsparende Gespräche zu ermöglichen, hatten sich die drei Parteien am Montag darauf geeinigt, die Sondierungsrunden in möglichst kleinen Gruppen abzuhalten. Zum Kern der Parteiführungen sollten dann je nach Thema nur ein Fachpolitiker oder eine Fachpolitikerin dazukommen. Die Gesprächsrunde am Dienstag war wegen der Abreise von Scholz nach Washington von vorneherein bis 13.00 Uhr begrenzt.