Infrastrukturinvestitionen

Sorgen über US-Inflation wachsen

Stark steigende Preise und fast 600 Mrd. Dollar an Infrastrukturinvestitionen, auf die sich US-Präsident Joe Biden und führende Republikaner verständigt haben, schüren Ängste vor höherer Inflation.

Sorgen über US-Inflation wachsen

det Washington

Die Einigung auf ein Infrastrukturprogramm in Höhe von fast 600 Mrd. Dollar und der stärkste Anstieg des PCE-Preisindex seit 29 Jahren könnten den Druck auf die US-Notenbank verstärken, früher als geplant die geldpolitischen Zügel straffer zu ziehen. Nach Angaben des Handelsministeriums stieg der PCE-Index im Mai an der Kernrate gemessen um 3,4%, lag also deutlich oberhalb des zweiprozentigen Inflationsziels der Notenbank. Zuvor hatten sich US-Präsident Joe Biden und fünf republikanische Senatoren auf Eckpunkte eines Gesetzespakets zur Modernisierung der Infrastruktur geeinigt, dessen Verabschiedung allerdings ungewiss ist. Viele Republikaner sind nämlich der Überzeugung, dass Bidens Programm zu einer Überhitzung der Konjunktur beitragen und die Teuerungsrate weiter hochtreiben wird.

Fast die Hälfte des 579 Mrd. Dollar schweren Pakets soll in den Transportsektor fließen, unter anderem in Straßen, Brücken und zur Modernisierung des Eisenbahnnetzes. Etwa 200 Mrd. Dollar sollen sauberem Wasser, den Stromversorgungsnetzen und umweltbezogenen Projekten zur Verbesserung der „Klimaresistenz“ gewidmet werden. Zweistellige Milliardenbeträge will das Weiße Haus ferner für den Ausbau der Breitband-Internetanschlüsse verwenden.

Biden muss Abstriche machen

Biden musste nicht nur auf den größten Teil der 2,3 Bill. Dollar an Investitionen verzichten, die er im Frühjahr gefordert hatte. Abstriche machte er auch bei den geplanten Steuererhöhungen für Unternehmen und die höchsten Einkommensbezieher. Stattdessen enthält der Entwurf Vorschläge zur effizienteren Steuereintreibung und soll mit über 20 Mrd. Dollar an staatlichen Geldern weitere 180 Mrd. Dollar an privaten Finanzierungsmitteln freisetzen.

Die Vereinbarung auf Eckpunkte eines Ausgabenpakets bedeutet aber keineswegs, dass dieses auch in Gesetzesform gegossen werden kann. Im Senat werden nämlich mindestens zehn Republikaner zustimmen müssen, damit die Demokraten einen Filibuster überwinden können. Auf diesem Wege kann die Opposition durch endlos lange Debatten die Verabschiedung eines Gesetzes blockieren.

Auch wenn sich die notwendige Mehrheit finden sollte, um den Filibuster zu überwinden, will Biden nicht versprechen, dass er das Gesetz absegnen würde. „Wenn das Programm in seiner jetzigen Form auf meinem Schreibtisch landet, werde ich es nicht unterschreiben“, sagte der Präsident. „Das muss gemeinsam mit anderen Elementen verabschiedet werden.“ Dazu zählt er neben zusätzlichen Geldern für den Kampf gegen den Klimawandel auch Elemente seines 1,8 Bill. Dollar schweren Pakets zur Verbesserung des Bildungssystems und Stützung der Mittelklasse. Dies will der Präsident unter anderem durch Steuergutschriften sowie die Einführung von Kindergeld erreichen. Diese Vorstöße erscheinen im Senat aber deswegen aussichtslos, weil Republikaner darin unzumutbare Zugeständnisse gegenüber dem linksliberalen Parteiflügel der Demokraten sehen.

Das Weiße Haus vertritt die Auffassung, dass die Infrastrukturinvestitionen zu einer Beschleunigung des Konjunkturaufschwungs beitragen werden. Republikaner warnen vielmehr vor den inflationären Folgen und sehen sich durch die jüngsten Zahlen bestätigt. So wuchs die US-Wirt­schaft im ersten Quartal aufs Jahr hochgerechnet um 6,4%. Laut Handelsministerium legte der PCE Preisindex im Mai aber um 3,9% zu, während die Kernrate so stark stieg wie zuletzt im April 1992.

Powell will auf Kurs bleiben

US-Notenbankchef Jerome Powell hält den Anstieg der Teuerungsrate dennoch für vorübergehend und plant vorerst weder ein Abschmelzen der Anleihekäufe noch eine Anhebung des Leitzinses, mit der nicht vor 2023 gerechnet wird. Die Konsumausgaben blieben nach Angaben des Ministeriums im Mai unverändert, während die Privateinkommen um 2,0% nachgaben. Bankvolkswirte hatten mit einer Zunahme der Konsumausgaben um 0,4% und einem Rückgang der Privateinkommen um 2,7% gerechnet.