Ifo-Geschäftsklimaindex

Spielverderber Lieferengpässe

Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist im April nicht so kräftig wie erwartet gestiegen. Die dritte Coronawelle und Lieferengpässe haben die Stimmung gedämpft. Die wirtschaftlichen Aussichten für das zweite Halbjahr bleiben aber gut. Zumal die Impfkampagne hierzulande an Fahrt aufnimmt.

Spielverderber Lieferengpässe

ba Frankfurt

Auf deutschen Chefetagen herrscht zwar weiter Optimismus vor, doch sorgen die dritte Coronawelle und Lieferengpässe dafür, dass die Stimmung nicht überschäumt. Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist im April um 0,2 auf 96,8 Punkte geklettert. Ökonomen hatten zwar ein deutlicheres Plus auf 97,8 Zähler erwartet, doch notiert das wichtigste Frühbarometer für die konjunkturelle Entwicklung hierzulande damit auf dem höchsten Wert seit Juni 2019. Zudem ist die Stimmungsaufhellung die dritte in Folge – in Nicht-Coronazeiten gilt dies unter Experten als Beleg für eine konjunkturelle Trendwende. Die Aussagekraft von Frühindikatoren ist angesichts der derzeitigen Unsicherheit allerdings eingeschränkt.

Ökonomen werteten das aktuelle Ergebnis der monatlichen Umfrage unter 9000 Managern dennoch als Beleg, dass die erwartete Erholung im laufenden zweiten Quartal einsetzen wird – wenn auch nicht ganz so kräftig und problemlos wie bislang erhofft. Vor allem die robuste Industrie sorgte zuletzt für den wirtschaftlichen Schwung – und nachdem dieser vor allem im Schlussquartal 2020 stärker als prognostiziert ausgefallen war, ist auch die konjunkturelle Zuversicht in der Bundesregierung gestiegen. Insidern zufolge erhöht sie ihre Prognose, die Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) an diesem Dienstag vorstellt, für 2021 auf 3,5% von bislang 3,0%. Für das kommende Jahr wird dann ein Plus von 3,6% erwartet. Damit liegt die Prognose der Regierung vergleichsweise im Mittelfeld: Die Wirtschaftsweisen rechnen mit einem Wirtschaftswachstum von 3,1% – im Herbst waren es noch 3,7%. Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute hingegen, auf deren Schätzung die Prognose der Bundesregierung beruht, sagen ein Plus von 3,7% für dieses und von 3,9% für kommendes Jahr voraus.

Industrie boomt

Am grundsätzlichen Wirtschaftsbild hat sich gemessen am Ifo-Index – der die Entwicklung des Einkaufsmanagerindex nachzeichnet – nichts geändert: Während Teile der Dienstleister und des Einzelhandels weiter unter den Schutzmaßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie leiden, geht es dem verarbeitenden Gewerbe vergleichsweise gut. „Die Industrie boomt, hat aber Probleme bei den Vorprodukten“, erklärte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe im Reuters-Interview. 45% der Industrieunternehmen berichteten über Engpässe bei Vorprodukten – so viele waren es zuletzt 1991. Engpässe gebe es etwa bei Halbleitern, aber auch mit vielen anderen Produkten – „und zwar über fast alle Branchen hinweg“. Auch viele Baufirmen würden über Materialknappheit klagen – Bauholz und Styropor benennt Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank, als knappe Güter. Die Kapazitätsauslastung der Industrie sprang im April deutlich von 81,9% auf 86,2% und liegt damit erstmals seit knapp zwei Jahren wieder über dem langfristigen Durchschnitt. Auch seien die Exporterwartungen der Industrie weiter gestiegen, und „sie will mehr Leute einstellen“, so Wohlrabe. Von der Belebung im verarbeitenden Gewerbe profitieren auch viele Dienstleister. „Die Logistik läuft im Schatten der Industrie sehr gut“, sagte Wohlrabe. „Klassische Bereiche wie Gaststätten und Touristik leiden aber nach wie vor unter Coronabeschränkungen.“ Insgesamt waren die Dienstleister mit der aktuellen Lage wieder etwas unzufriedener, und angesichts des nachjustierten Lockdowns ist der zuletzt aufkeimende Optimismus wieder verschwunden.

Im Handel sorgte vor allem der Autohandel für eine verbesserte Lageeinschätzung. „Die mittlerweile zügigen Impfungen machen aber Hoffnung, dass es mit dem Handel und anderen Dienstleistungen bald nach oben geht“, betonte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Die Stagnation des Ifo-Klimas wertet er als Verschnaufpause „nach den massiven Anstiegen in den beiden Vormonaten“. Für eine Fortsetzung der Erholung spreche die noch einmal verbesserte Beurteilung der aktuellen Geschäftslage (siehe Grafik). Auf die kommenden sechs Monate blickten die Manager hingegen etwas skeptischer als im März.