Deutsche Bahn

Tarifstreit bei der Bahn eskaliert

Der Tarifkonflikt zwischen GDL und Deutscher Bahn eskaliert. Ein verbessertes Angebot des Konzerns weist die GDL als „vergiftet“ zurück.

Tarifstreit bei der Bahn eskaliert

sp Berlin

Im Tarifstreit zwischen der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und der Deutschen Bahn zeichnet sich weiter keine Einigung ab. Am Donnerstag startete die GDL trotz eines verbesserten Angebots des Konzerns einen für fünf Tage anberaumten Streik im Personenverkehr. Die Bahn zog daraufhin vor das Arbeitsgericht Frankfurt, das am Abend über einen Eilantrag auf eine einstweilige Verfügung gegen den Streik entscheiden wollte. Eine Entscheidung lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor. Die Bahn wirft der GDL vor, rechtliche und politische Ziele zu verfolgen.

Der Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Klaus-Dieter Hommel, kritisierte das juristische Vorgehen der Bahn gegen den Streik der Konkurrenzgewerkschaft. „Tarifverhandlungen gehören an den Verhandlungstisch und nicht vor Gericht“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Ich halte dieses Thema überhaupt nicht für gerichtsfähig.“ Dass es im Tarifstreit zwischen der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und der Bahn bisher zu keiner Lösung gekommen sei, hätten beide Tarifpartner zu verantworten, betonte der Gewerkschaftschef. GDL-Chef Claus Weselsky hatte am Donnerstag das neue Angebot der Bahn im Tarifkonflikt als vergiftet bezeichnet und brüsk zurückgewiesen: „Ein unannehmbares Angebot gehört auf den Müllhaufen der Geschichte.“ Weselsky betonte erneut, auch für Konzernbereiche einen Tarifvertrag aushandeln zu wollen, für die die GDL bislang nicht zuständig ist. EVG-Chef Hommel wies diese Pläne zurück: „Mit Blick auf die Mitgliederentwicklung kann die GDL gar kein anderes Tarifgebiet beanspruchen als das, was sie bislang vertreten hat. Alles andere ist reines Wunschdenken.“

Der Fahrgastverband Pro Bahn und der Deutsche Städte- und Gemeindebund forderten ein sofortiges Ende des Ausstands und den Start neuer Verhandlungen. „Der Ego-Trip von GDL-Chef Weselsky nervt gewaltig. Er soll sich gefälligst an den Verhandlungstisch setzen. Die Bahnreisenden und Pendler dermaßen in Mithaftung zu nehmen, kann man nur als ganz schlechten Stil bezeichnen“, schimpfte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in der „Bild“-Zeitung. Nach einer Rückkehr an den Verhandlungstisch sieht es in dem festgefahrenen Tarifkonflikt derzeit allerdings nicht aus.

Die Bahn war am Mittwochabend auf die Gewerkschaft zugegangen und legte ein verbessertes Angebot vor. Sie stellte unter anderem eine Corona-Prämie für 2021 von bis zu 600 Euro in Aussicht sowie eine Verkürzung der Laufzeit des Tarifvertrags von 40 auf 36 Monate. Zudem sollen die Löhne in zwei Stufen um 3,2% steigen. GDL-Chef Weselsky monierte daraufhin, dass in der Offerte eine Corona-Prämie fehle, dafür aber immer noch eine Nullrunde für 2021 vorgesehen sei. Das Angebot sei eine Nebelkerze, denn der Bahnvorstand verlange von der Gewerkschaft, dass sie ihre Mitglieder in zwei Klassen einteile und auf diese Weise grundgesetzlich verbriefte Rechte missachte. Im Hintergrund gehe es darum, die Existenz der GDL anzugreifen.

Einen ähnlichen Vorwurf hatte Weselsky der Bahn schon im November gemacht, als er auf ein Angebot der Bahn im Schlichtungsverfahren nicht einging. Damals sagte der GDL-Bundesvorsitzende, dass sich der angebotene Tarifabschluss zu sehr an dem bestehenden Vertrag der Bahn mit der größeren EVG orientiere. „Das aber stellt die Eigenständigkeit der Tarifpartei GDL in Frage und ist für uns unannehmbar.“

Bahn-Personalvorstand Martin Seiler wies die Kritik am Donnerstag zurück und forderte neue Verhandlungen. Die GDL sei und bleibe ein Tarifpartner der Bahn, sagte er in der ARD. „Es kann nicht die Rede davon sein, dass wir in irgendeiner Form die Existenz der GDL in Frage stellen.“ Vielmehr gehe es hier um die Anwendung des umstrittenen Tarifeinheitsgesetzes. Dieses sieht vor, dass nur Abschlüsse mit Gewerkschaften in Kraft treten, die in den entsprechenden Konzernteilen die Mehrheit haben.

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