SHOWDOWN IM EU-USA-HANDELSSTREIT

Wenig Hoffnung auf eine Einigung mit Trump

Juncker reist nach Washington - EU will Handelskonflikt entschärfen, ist aber gespalten - Autozölle im Fokus

Wenig Hoffnung auf eine Einigung mit Trump

Am Mittwoch reist EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nach Washington, um einen letzten Versuch zu unternehmen, einen transatlantischen Handelskrieg doch noch zu verhindern. Die EU-Mitgliedstaaten – insbesondere Deutschland und Frankreich – sind in ihrer Verhandlungsstrategie jedoch uneins.Von Julia Wacket, FrankfurtFür US-Präsident Donald Trump sind sie das perfekte Druckmittel im Handelsstreit – Autos. Bereits nach seiner Amtseinführung im Januar 2018 hatte Trump gewettert, dass zu viele deutsche Autos und zu wenige US-Autos in New York zu sehen seien. Dieses Problem will er nun angehen und droht mit hohen Schutzzöllen auf importierte Pkw, vor allem, um bei seinen Handelspartnern Zugeständnisse im Handel einzufordern. Bevor Trumps Wirtschaftsminister Wilbur Ross allerdings bald zu dem Entschluss kommt, dass die Autoeinfuhren aus Europa, Japan oder Südkorea die nationale Sicherheit der USA gefährden, wollen die Europäer am Mittwoch einen letzten Versuch starten, um im transatlantischen Handelskonflikt zu vermitteln. Die Europäer wappnen sich bereits für den Ernstfall. Die EU-Kommission arbeitet an einer Liste von US-Produkten, die im Falle einer Eskalation im Handelskonflikt mit Vergeltungszöllen belegt werden könnten. Diese könnten nach Aussage eines mit der Sache vertrauten EU-Diplomaten US-Waren im Wert von 9 Mrd. Euro treffen. Würden die Autozölle von 20 oder 25 % kommen, könnten sie EU-Exporte in Höhe von rund 50 Mrd. Euro treffen. Davon betroffen wären vor allem die deutschen Autohersteller. Nach Mexiko und Japan ist Deutschland der viertgrößte “Sünder” im Autohandel mit den USA. Nur mit Kanada ist der Autohandel ausgeglichen (siehe Grafik). Geliefert werden jedoch nicht nur komplette Fahrzeuge, sondern auch Zulieferteile, die dann vor Ort produziert werden. Gerade die Autoindustrie ist von solchen grenzüberschreitenden Lieferketten geprägt. Was die europäische Reaktion auf Autozölle der USA jedoch erschwert, ist der Umstand, dass Italien und Frankreich, im Gegensatz zu Deutschland, kaum Autos in nennenswertem Umfang nach Amerika liefern. Das dämpft die Bereitschaft dieser Länder, sich wegen Autos mit den USA gutzustellen. Daher überraschte es nicht, dass Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire beim G 20-Gipfel am Wochenende schärfere Töne anschlug als sein deutscher Kollege Olaf Scholz. Frankreich fordert den Verzicht auf die Stahl- und Aluminiumzölle als Voraussetzung für Handelsgespräche. Deutschland gab sich gesprächsbereiter, warnte aber erneut vor den negativen Folgen einer Zollspirale. Zur Brisanz trägt bei, dass auch vielen EU-Ländern der hohe deutsche Leistungsbilanzüberschuss ein Dorn im Auge ist. Keine gemeinsame LinieWo gibt es also Gemeinsamkeiten zwischen Trump und der EU, auf die sich Juncker und die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström am Mittwoch stützen können? Sie könnten erneut argumentieren, dass die Leistungsbilanz EU-USA, wenn man Dienstleistungshandel und Direktinvestitionen betrachtet, ausgeglichen ist. 70 % aller ausländischen Direktinvestitionen in die USA stammen aus der EU. Es bleibt aber fraglich, ob Trump, der nur auf die US-Defizite im Warenhandel bedacht ist, diese Argumentation überzeugen wird.Auch könnten sie argumentieren, dass Trumps Missachtung gegenüber Regeln, Verbündeten und multilateralen Institutionen Unsicherheit bei den Verbrauchern und Unternehmen sät, was schlecht für das Geschäft ist. Höhere Zölle könnten Lieferketten auseinanderreißen, Innovationen behindern und Ressourcen in weniger produktive Anwendungen leiten, wodurch die Nachfrage und das Angebotspotenzial der Volkswirtschaften leiden würden. Aber auch dies wird Trump kaum überzeugen. BDI-Präsident Dieter Kempf sagt daher, Juncker müsse deutlich machen, dass die USA mit Zöllen auf Autos vor allem sich selbst schaden. Allein die deutsche Automobilindustrie beschäftige über 118 000 Mitarbeiter in den USA. 60 % der deutschen Produktion werde aus den USA in andere Länder exportiert. Mit solchen Schmeicheleien konnten deutsche Industriebosse Trump im Januar beim gemeinsamen Abendessen in Davos beeindrucken. Am ehesten überzeugen könnten die EU-Abgeordneten den US-Präsidenten wohl damit, dass die USA und die EU die Regelverstöße Pekings im Welthandel mit seiner Vorliebe für erzwungene Technologietransfers am besten gemeinsam bekämpfen können. Auch die EU stören diese Handelshemmnisse. Statt gleichzeitig gegen die zwei größten Handelsblöcke EU und China zu schießen, könnte Trump so mit seinen Verbündeten China zu Reformen zwingen. Nach Meinung der Experten des Ifo-Instituts sollte auch die EU in Washington auf die USA zugehen und den Vorschlag von US-Finanzminister Steven Mnuchin zur Schaffung einer multilateralen Freihandelszone aufgreifen. Beim Abbau von Subventionen, etwa in der Landwirtschaft könnte man den USA entgegenkommen. “Ein erfolgreiches plurilaterales Abkommen könnte sogar den Anstoß zu einer Modernisierung der WTO bringen und andere Länder – allen voran China – unter Druck setzen, ebenfalls Barrieren abzubauen, so Ifo-Handelsexperte Gabriel Felbermayr. Widerstand zu Hause wächstZu guter Letzt bleibt die Hoffnung, dass, selbst wenn die EU-Diplomaten dies nicht schaffen, Proteste in seiner Heimat Trump zum Einlenken im Handelsstreit bringen können. Die Mehrheit der Amerikaner ist gegen neue Zölle (jüngsten Umfragen zufolge sind 39 % dafür und 56 % dagegen). Viele Republikaner im Kongress stemmen sich gegen höhere Zölle im Autohandel. Auch große US-Unternehmen wie Amazon oder General Motors schlagen scharfe Töne an. Wahrscheinlich muss es aber erst zu einem Eklat in der Heimat wie jüngst nach dem Helsinki-Gipfel oder der Einwanderungsdebatte kommen, damit Trump eine seiner berühmten Kehrtwenden hinlegt.