Im BlickfeldSuper Tuesday Vorwahlen

Super Tuesday: Vorentscheidung zum Duell der alten Herren

Am „Super Tuesday“ werden US-Präsident Joe Biden und Donald Trump ihre Positionen als Spitzenkandidaten zementieren und damit die entscheidende Phase des US-Wahlkampfs einläuten.

Super Tuesday: Vorentscheidung zum Duell der alten Herren

Vorentscheidung zum Duell der alten Herren

Bei den „Super Tuesday“-Vorwahlen könnten Joe Biden und Donald Trump ihre Spitzenkandidatur eintüten. Inflation, Grenzsicherheit und die Verteidigung der US-Demokratie werden dann den Zweikampf prägen.

Von Peter De Thier, Washington

US-Präsident Joe Biden und Donald Trump werden am Super Tuesday ihre Spitzenpositionen zementieren. Damit läuten sie zugleich die entscheidende Phase des Wahlkampfs ein. Am 5. November werden die Wähler dann entscheiden, wen sie bis 2029 im Weißen Haus haben wollen.

Das nach 2020 zweite Duell zwischen Joe Biden (81) und Donald Trump (77) wirft seine Schatten voraus. Nach den „Super Tuesday“-Vorwahlen am Dienstag wird der Kampf um die US-Präsidentschaft wohl in eine neue Phase eintreten. Möglich ist nämlich, dass nach den sogenannten „Primaries“ in 16 US-Staaten sowohl Biden als auch Trump uneinholbar vorn liegen werden im Rennen um die Nominierung durch ihre Parteien. Beherrscht würde der Wahlkampf dann nicht mehr von parteiinternen Querelen der Republikaner und der Demokraten. Vielmehr wären jene Themen im Vordergrund, die am 5. November entscheiden werden, ob Biden vier weitere Jahre im Amt bleiben wird oder der 45. Präsident – Donald Trump – auch der 47. wird.

Am Super Tuesday werden mehr als ein Drittel der sogenannten Delegierten bestimmt, die bei den Parteitagen im Juli und August zu entscheiden haben, welche Kandidaten sie im Herbst ins Rennen schicken wollen. Das Verfahren ist deswegen komplex, weil es keine einheitlichen Abstimmungsregeln gibt. So dürfen in den meisten Staaten registrierte republikanische Wähler nur für republikanische Kandidaten und demokratische Wähler nur für Bewerber aus ihrer Partei votieren. Andere halten „offene Primaries“. Dort können beispielsweise demokratische Protestwähler Nikki Haley ihre Stimme schenken, um Trump den Marsch zur Nominierung zu erschweren. Auch gibt es Hybrid-Vorwahlen, die teilweise offen und zum Teil geschlossen sind. 

Parteiinterne Konkurrenz

Haley, die UN-Botschafterin unter Trump war und bis zum Parteikonvent in Milwaukee im Rennen bleiben will, könnte daher ihrem früheren Chef noch für längere Zeit ein Dorn im Auge sein. Leicht wird sie es nicht haben. Superreiche Spender, die Haleys Kampagne bisher über Wasser hielten, kehren ihr nämlich nach den Niederlagen in South Carolina, wo sie früher Gouverneurin war, und dann in Michigan langsam den Rücken. Ihre einzige Chance könnte darin bestehen, dass es in einem der zahlreichen Strafverfahren gegen Trump zu einem Schuldspruch kommt. Selbst ein solches Szenario würde Trump aber wohl kaum aus der Bahn werfen. Er würde nämlich Revision einlegen und könnte die Prozesse somit weiter hinauszögern, so dass er bis zur Wahl ein freier Mann bliebe.

Auch wenn Biden – er ist bei den Demokraten praktisch ohne Konkurrenz – und Trump nicht schon am Dienstag, sondern eine oder zwei Wochen später die absolute Mehrheit der Delegierten auf dem Konto haben sollten, wird sich der Wahlkampf nur noch um das Duell zwischen den unausweichlichen Spitzenkandidaten drehen. Welche Themen werden aber die politische Diskussion beherrschen und wahlentscheidend sein? In der Vergangenheit galt der Spruch des demokratischen Wahlstrategen James Carville: „It’s the economy, stupid!“ Frei übersetzt: „Verdammt nochmal, die Wirtschaft entscheidet!“ Geht es den Wählern gut, schätzen sie die Konjunkturaussichten positiv ein und haben sie Arbeitsplatzsicherheit, dann stimmen sie für den Status quo.

Wirtschaft überraschend robust

Der Carville-Regel zufolge spräche alles für Biden. So ist die gefürchtete Rezession ausgeblieben, und die meisten Eckdaten deuten auf eine weiche Landung hin. Seit Monaten bewegt sich die Arbeitslosenquote marginal oberhalb der Marke von 3,5%, die als statistische Vollbeschäftigung angesehen wird. Auch ist die Inflationsrate deutlich zurückgegangen, nähert sich allmählich der Zielgröße von 2% und lässt baldige Zinssenkungen in greifbare Nähe rücken. 

In der Inflation besteht aber zugleich Bidens größtes Problem. Denn die exorbitante Teuerung im Gefolge der Pandemie hat zu einem dauerhaft höheren Preisniveau geführt. Jake M., ein unabhängiger Wechselwähler aus Virginia, beschreibt das Phänomen aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers folgendermaßen: „Das Brot, für das ich vor der Pandemie 2,80 Dollar zahlte, kostet seit über einem Jahre mehr als 5 Dollar und verteuert sich jeden Monat um ein paar Cents. Auch wenn es jetzt 5,15 oder 5,20 Dollar sind, werde ich den Preis, an den ich mich vor der Krise gewöhnt hatte, nie wieder sehen.“

Inflation schadet Biden

Wie Frederic Mishkin, ehemaliges Vorstandsmitglied bei der US-Notenbank, gegenüber der Börsen-Zeitung sagte, „besteht das politische Problem für einen amtierenden Präsidenten darin, dass die Arbeitslosigkeit nur einen geringen prozentualen Anteil der Bevölkerung trifft, jeder Wähler aber unter der Inflation leidet“ und undifferenzierte Wähler dies einem amtierenden Regierungschef ankreiden. Das Fazit: Carvilles Slogan hat an Gültigkeit nichts eingebüßt, vielmehr wird das Wahlverhalten davon bestimmt, wie die Konjunkturlage subjektiv wahrgenommen wird. Deswegen bekommt Biden schlechte Noten für seine Wirtschaftspolitik. Die meisten Wähler trauen Trump, unter dem die Staatsverschuldung um 7,8 Bill. Dollar stieg, zu, die Wirtschaft effektiver zu steuern.  

Natürlich werden auch andere Themen eine entscheidende Rolle spielen, etwa der Erhalt der US-Demokratie und des Rechtsstaats, womit Biden seine Kandidatur begründet. Zentral ist auch ein Gesetz zur Verschärfung der Einwanderungsvorschriften, das zudem 60 Mrd. Dollar an Hilfe für die Ukraine enthält, bisher aber am Widerstand Trumps scheitert. Der frühere Präsident braucht nämlich das Thema Grenzsicherheit für den Wahlkampf und hat Parteifreunde im Kongress unter Druck gesetzt, das Gesetz zu torpedieren. Unterdessen glauben viele Experten, dass Trump mit der Ablehnung eines Gesetzes, das sowohl der Grenzsicherheit als auch der Ukraine-Hilfe Rechnung trägt, ein Eigentor geschossen hat und in der Wählergunst abrutschen könnte. 

Reizthema Abtreibungsrechte

Ins Gewicht fallen wird auch die Debatte um Abtreibungsrechte. So nimmt Trump für sich in Anspruch, durch die Ernennung konservativer Richter zum Supreme Court das Urteil „Roe gegen Wade“, das Abtreibungen legalisierte, „getötet“ zu haben. Dabei übersieht er, dass die meisten republikanischen Wählerinnen für das Recht einer Frau plädieren, frei über einen Schwangerschaftsabbruch zu entscheiden. Möglich ist daher, dass dies Trump in den Swing States zum Verhängnis werden könnte. 

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