Banken

Die Credit Suisse hat ausgezockt

Bei der Credit Suisse scheinen alle Dämme zu brechen. Weil die Bank jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt hat, kämpft sie nun ums Überleben.

Die Credit Suisse hat ausgezockt

Es scheint, als wären bei der Credit Suisse gerade alle Dämme gebrochen. Die Bank präsentiert einen Jahresverlust von 7,3 Mrd. Franken – fast so viel wie 2008, im dunkelsten Jahr der globalen Finanzkrise. Sie erleidet einen Umsatzeinbruch um ein Drittel, der mit Blick auf die Multimilliarden-Archegos-Pleite und das Greensill-Debakel in einem bereits sehr schlechten Vorjahr noch dramatischer wirkt als das tiefrote Reinergebnis. Und schließlich ziehen Kunden Gelder im Umfang von über 120 Mrd. Franken ab. Die Credit Suisse steckt im Überlebenskampf. Die extreme Beschleunigung, mit der sich die Spirale vor einigen Monaten nach unten zu drehen begonnen hatte, ist atemberaubend. Man kann es sich leicht machen und den spektakulären Absturz der Bank mit Einzelereignissen erklären. Viel Pech oder ein bisschen zu wenig Glück hier und dort und ab und zu auch eine Fehlentscheidung, so hat sich das Credit­Suisse-Management jahrelang aus der Verantwortung geredet. So schaffte es die Bank, das tiefer liegende Problem totzuschweigen. Manchmal fiel es nicht auf, weil ihr die Märkte in die Hände spielten. Immer wieder trat das Problem aber auch offen zu Tage. Zum Beispiel vor zehn Jahren, als die Nationalbank die Credit Suisse für ihre ungenügende Kapitalausstattung beispiellos direkt rüffelte.

Der tiefere Grund für dieses wiederkehrende Muster ist simpel. Die Credit Suisse lebte über ihre Verhältnisse. Sie ging Risiken ein, die sie nicht tragen konnte. Sie leistete sich anspruchsvolle Kunden, denen sie nicht das bieten konnte, was diese verlangten. Sie zahlte ihren Tradern und Managern Boni, die in keinem gesunden Verhältnis zu den Dividenden standen, die sie den Aktionären zur Abgeltung von deren Anlagerisiken zahlte. Diesem aufgeblasenen System lässt das runderneuerte Management jetzt gezwungenermaßen die Luft ab. Denn für die Kulissenschieberei von damals ist schlicht nicht mehr genügend Kapital da. Während sich aufgeblasene Umsätze sofort in Luft auflösen, bleiben die dahinter stehenden Kosten länger in der Erfolgsrechnung stehen. So muss man auch den jüngsten Milliardenverlust der Bank verstehen, dem im laufenden Jahr aller Voraussicht nach ein weiterer Milliardenverlust folgen wird. Beim Rückbau der Credit Suisse arbeiten Körner & Co. in einem verrückten Wettbewerb gegen die Uhr. Kommt die Restrukturierung zu langsam voran, erodiert das Vertrauen der Kunden und Investoren weiter – die Verluste bleiben hoch und das Kapital wird wieder knapp. Jeder Re­strukturierungsplan ist einem Umsetzungsrisiko unterworfen. Bei der Credit Suisse ist dieses fast schon mit Händen zu greifen. Die Bank hat ausgezockt.

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