Börsengehandelte Indexfonds

Die ETF-Revolution erreicht neue Dimensionen

Die Zuflüsse in die börsengehandelten Indexfonds klettern rasant. Einfache Vertriebswege und eine große Produktvielfalt treiben auch Privatanleger zunehmend in ETFs.

Die ETF-Revolution erreicht neue Dimensionen

Von Werner Rüppel, Frankfurt

Am Markt für börsengehandelte Indexfonds hat sich ein gewaltiger Privatanleger-Boom entwickelt. Denn während die preisgünstigen und transparenten Vehikel bei institutionellen Investoren schon seit jeher beliebt sind, kaufen inzwischen auch Retail-Investoren verstärkt ETFs, sei es als Einmalanlage oder als Sparplan. Das ruft auch die Broker auf den Plan: In Deutschland offeriert die ING seit 1. April mehr als 800 ETF-Sparpläne von führenden Anbietern wie iShares, Lyxor und DWS Xtrackers dauerhaft ohne Ausführungsgebühr und ab einer monatlichen Sparrate von 1 Euro. Amundi wiederum hat angekündigt, größter Top-Preis-ETF-Partner von Com­direct zu werden. Der App-Broker Trade­ Republic, der bereits rund eine Million Kunden haben soll, hat sein Angebot ausgeweitet und bezeichnet sich bereits als Deutschlands größten Anbieter kostenfreier ETF-Sparpläne.

Gerade junge Menschen wagen mittlerweile frühzeitig und regelmäßig über die preisgünstig zu erwerbenden Indexfonds ein Aktieninvestment. Besonders gerne übrigens auch in Form von ESG-Aktien-ETFs, denn eine nachhaltige Ausrichtung ihrer Anlage ist vielen jungen Erwachsenen besonders wichtig. Genauso wie übrigens ihr Handy: ETF-Sparen über die App ist angesagt. Wer mag da noch zur Bank gehen und mit dem Berater etliche von der Mifid-II-Richtlinie vorgegebene Protokolle ausfüllen?

Insgesamt erreicht die passive Revolution damit eine neue Dimension. Nicht allein, dass sich die ETF-Industrie neben Produkten auf traditionelle Aktienindizes auch solche auf Themeninvestments, Smart-Beta-Strategien, Anleihen und nachhaltige (ESG- und Impact-) Strategien erschlossen hat; fast alles, was es als aktives Produkt gibt, ist inzwischen auch im passiven Gewand verfügbar. Und Apps und Website sorgen für einen digitalen Absatzkanal, der nicht zuletzt auch oder gerade in Zeiten der Pandemie brummt. So erwarten zum Beispiel BlackRock und der Informationsdienst ExtraETF, dass die Zahl der ETF-Sparpläne in Deutschland von 2 Millionen Ende 2020 bis zum Jahr 2025 auf 9 Millionen steigen wird. Das jährliche Sparvolumen soll im gleichen Zeitraum von aktuell 3,6 Mrd. Euro auf 15,7 Mrd. Euro klettern, was einer Steigerungsrate von 34% pro Jahr entsprechen würde.

In der weltweiten und in der europaweiten Betrachtung sind ETFs im Zuge haussierender Aktienmärkte im laufenden Jahr gefragt wie nie zuvor. Beim Absatz und bei den verwalteten Geldern sei das Potenzial praktisch grenzenlos, erklären Branchenvertreter. Wenn die Aktienmärkte nicht deutlich zurückfallen, könnten ETFs und die börsennotierten Indexprodukte (ETPs) bereits im laufenden Jahr die Marke von weltweit 10 Bill. Dollar Assets under Management erreichen.

Im März hat der weltweite Absatz von ETFs nach Angaben von Black­Rock mit 133,4 Mrd. Dollar einen Rekord erreicht. Damit lagen die Zuflüsse noch höher als im Februar dieses Jahres, dem bisherigen Rekordmonat in der Geschichte der börsengehandelten Indexfonds. Insgesamt stellt das erste Quartal mit Zuflüssen von weltweit 283,5 Mrd. Dollar ein Rekordquartal dar, im vierten Quartal 2020 hatten die Zuflüsse bei 202,5 Mrd. Dollar gelegen. Angesichts der Allzeithochs, die bedeutende Börsenbarometer in den vergangenen Monaten erreicht haben, waren im laufenden Jahr bisher vor allem Aktien-ETFs gefragt, das Interesse an Anleiheprodukten ist gering. Aufgrund der hohen Mittelzuflüsse sowie der freundlichen Aktienmärkte erreichten die in ETFs und ETPs weltweit angelegten Gelder laut dem Analysehaus ETFGI per Ende März ein neues Hoch von 8,6 Bill. Dollar.

Bei den europäischen Ucits-Produkten hat sich nach Angaben von Amundi im März die Nachfrage nach Aktien-ETFs mit Zuflüssen von 18,1 Mrd. Euro im Vergleich zum Vormonat nahezu verdoppelt, während es bei Anleihen-ETFs zu Abflüssen kam. Besonders gefragt waren im März, in dem die EU-Offenlegungsverordnung in Kraft getreten ist, ESG-Aktien-ETFs mit Zuflüssen von 5,2 Mrd. Euro. Amundi stellt fest: „Die Regulierung sorgt für mehr Transparenz bei nachhaltigen Anlagen und macht ESG-Produkte für Investoren attraktiver.“

Insgesamt flossen europäischen Aktien-ETFs nach Berechnungen von Amundi im ersten Quartal rund 42 Mrd. Euro frische Gelder zu. Dabei waren besonders ESG-ETFs mit neuen Mitteln in Höhe von knapp 20 Mrd. Euro gefragt. Darüber hinaus investierten Anleger vor allem in Sektor- und Themen- sowie in Smart-Beta-Aktien-ETFs – Letztere suchen die Vorteile der aktiven und passiven Investmentwelt zu vereinen.

Manch einer möchte nun meinen, das sei alles eine Schönwetterveranstaltung, wenn der Aktienmarkt zurückfalle, würden auch die Zuflüsse in ETFs deutlich zurückgehen oder es käme dann sogar zu Abflüssen. Allerdings hat sich die Produktvielfalt am ETF-Markt in den vergangenen Jahren deutlich erweitert. Die Branche hat zum Beispiel Anleihe-ETFs in allen Variationen entwickelt. Auf der Aktienseite kommen jetzt auch immer mehr Income-ETFs auf den Markt, die regelmäßig ausschütten. Und die Käufer von ETF-Sparplänen bleiben ohnehin bei der Stange, denn sie legen langfristig an.

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