Bankgehälter

Die Tarifgespräche der Banken sind festgefahren

Erstmals sind die Arbeitgeber der privaten und öffentlichen Banken nicht als Tarifgemeinschaft, sondern getrennt in die Verhandlungen mit Verdi gezogen. Das Ergebnis fällt bislang ernüchternd aus.

Die Tarifgespräche der Banken sind festgefahren

Von Anna Sleegers, Frankfurt

Zu einer beliebten Taktik in Gehaltsverhandlungen gehört es, dem Gegenüber eine möglicht breite Palette von Alternativen anzubieten. Kommt man bei der schieren Höhe des Fixgehalts nicht weiter, lässt sich vielleicht über die Ausgestaltung der variablen Anteile reden. Die Möglichkeit, ein Sabbatical einzulegen. Die Größe des Dienstwagens. Die Bahncard 100. Der Kreativität sind hier – ähnlich wie bei der Gestaltung von Mobilfunktarifen oder Preismodelle bei Bankkonten – kaum Grenzen gesetzt.

Auf diese Weise kann es gelingen, der Gegenseite Zugeständnisse abzuringen, ohne ihr einen Gesichtsverlust zuzumuten. Eine ähnliche Strategie mag Jan Duscheck, Verhandlungsführer der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi verfolgt haben, als sie in der vierten Verhandlungsrunde mit den Arbeitgebern der privaten Banken Anfang des Jahres ein überarbeitetes Angebot auf den Tisch legten. Nach drei ergebnislosen Verhandlungsrunden, wechselseitigen Verbalattacken, diversen Warnstreiks, jeder Menge Empörung und monatelanger Funkstille sollte dieses nach Verdi-Darstellung dem Abschlusswillen der Gewerkschaft Ausdruck verleihen.

Statt der Forderung nach einer Gehaltserhöhung um 4,5% auf zwölf Monate, mit der Duscheck im vergangenen Sommer in die, coronabedingt zumeist virtuell geführten Gespräche mit dem Arbeitgeberverband AGV Banken gezogen war, hatte die Tarifkommission einen bunten Strauß aus verschiedenen Annehmlichkeiten für die Arbeitnehmer gebunden. Darin enthalten: Eine auf 3,5% gesenkte Gehaltserhöhung, die rückwirkend zum Jahresbeginn gezahlt werden sollte und 75 Euro mehr für Nachwuchskräfte. Eine Corona-Prämie von 1500 Euro für regulär Beschäftigte und 600 Euro für Nachwuchskräfte, die in gleicher Höhe an Voll- und Teilzeitkräfte zu zahlen sei. Zwei zusätzliche freie Tage pro Jahr. Ab Januar 2023 eine weitere Gehaltserhöhung um 2,5% und weitere 75 Euro für die Jugend. Gelten sollte das Ganze – bei einer Laufzeit von zusammengenommen 24 Monaten – nach dem Willen der Gewerkschaft auch für übertariflich Beschäftigte.

Kein Verhandlungswille

Die Erwartung, dass Sabine Schmittroth, Verhandlungsführerin der Gegenseite, das Bouquet entgegennehmen würde, ging fehl. Keines der enthaltenen Blümchen sagte ihr so zu, dass sie es herauspicken und in modifizierter Form in ein neues Angebot einarbeiten wollte. Die Arbeitgeberseite habe kein neues Angebot und keinerlei Verhandlungsbereitschaft signalisiert, konstatierte Duscheck: „Das bedeutet, dass der AGV Banken überhaupt keinen Abschluss will, egal was er auch sagt.“

Beim AGV Banken dagegen ist die Rede von „unüberwindbaren Hürden“, die Verdi aufgebaut habe. „Wir sind sehr enttäuscht, dass keine Kompromissbereitschaft erkennbar ist“, beklagte die in Gewerkschafterkreisen für ihren sachlichen Verhandlungsstil geschätzte Schmittroth. Nach nunmehr sieben Monaten, in denen es den Tarifparteien nicht gelang, auch nur annähernd eine Einigung zu erzielen, war es nun an der Arbeitgeberseite, die Verhandlungen abzubrechen –  und stattdessen eine Einmalzahlung von 500 Euro an Tarifbeschäftigten vorzuschlagen.

Die aus seiner Sicht in Zeiten der Digitalisierung dringend erforderliche Modernisierung des Tarifwerks sei mit Verdi nicht zu machen, wetterte der AGV Banken. Einen Anlass, das im vergangenen Herbst unterbreitete Angebot einer über eine Laufzeit von sage und schreibe 36 Monate gestreckte Gehaltssteigerung von 3,2% nachzubessern, sehen die Arbeitgeber nicht. Durch den neuerlichen Abbruch der Gespräche verzögert sich auch der in Aussicht gestellte Tarifvertrag zur Mobilarbeit. Dieser sollte Rahmenregelungen für das in der Coronazeit für die meisten Bankbeschäftigten zum Arbeitsalltag gewordenen Homeoffice regeln, etwa die Arbeitszeit, Erreichbarkeit, den Arbeitsschutz und Haftung. Bei weiter fallenden Inzidenzen mag man in dem einen oder anderen Institut den bevorstehenden „Freedom Day“ am 20. März nutzen, um die Beschäftigten wieder fünf Tage pro Woche ins Büro zu zitieren. Vorausgesetzt natürlich, die dafür erforderlichen Flächen sind nicht längst untervermietet.

Teile und herrsche

In den anderen Branchen sieht es kaum besser aus. Trotz eines verbesserten Angebots und einer betont kooperativen Rhetorik des Ver­bands der Öffentlichen Banken (VÖB), der erstmals eigenständig in die Verhandlungen zog, endete zuletzt auch die fünfte Tarifrunde für die Beschäftigten Landes- und Förderbanken und die Bauspar­kassen ergebnislos. Auch bei der trotz Integration in den Konzern der Deutschen Bank unter einen eigenen Tarifvertrag fallenden Postbank zeichnete sich in der zweiten Verhandlungsrunde keine Annäherung ab. Die Arbeitgeber scheiterten kläglich mit dem Versuch, das weit unter der prognostizierten Inflationsrate bleibende Angebot durch eine dreijährige Laufzeit zu kaschieren. Das Prinzip „Teile und herrsche“ scheint sich auch in Tarifverhandlungen zu bewahrheiten. Die Arbeitgeber des Kreditwesens täten gut daran, ihre Verhandlungsmacht so weit rechtlich möglich zu bündeln.

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