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Dilemma der Datenökonomie

Die Versuche des Bundeskartellamts, mächtigen Digitalkonzernen mit dem Wettbewerbsrecht Fesseln anzulegen, haben zuweilen einen Nebeneffekt. Auch innovative Newcomer der Datenökonomie werden ausgebremst.

Dilemma der Datenökonomie

Das Bundeskartellamt macht regen Ge­brauch von der Neuregelung im deutschen Wettbewerbsrecht, bei der der Paragraf 19a die Möglichkeit schaffen soll, dem Ge­schäftsgebaren marktmächtiger Digitalkonzerne Fesseln anzulegen – zum Schutz von Verbrauchern und Wettbewerb. Vor allem die etablierte Praxis von Datensammlung und -verarbeitung ist der Behörde ein Dorn im Auge. Sie hat Google deshalb nun abgemahnt wie zuvor die damalige Facebook.

Ohne Zweifel rütteln die Wettbewerbshüter damit am Fundament einer Datenökonomie, aus der vor allem in den USA milliardenschwere Firmenimperien entstanden sind, deren Datenschatz sowohl im Volumen als auch in der Qualität für andere Unternehmen ohnehin bereits unerreichbar geworden ist. Die stetig fließende Menge und die intelligente Verknüpfung neuer Daten sind der Nährboden für ihre erfolgreichen Geschäftsmodelle, die sie mit Zähnen und Klauen verteidigen werden. Dass es dennoch gelingen mag, den Tech-Giganten im Einzelfall Zugeständnisse und Veränderungen abzuringen, wie es etwa hierzulande bei Facebook der Fall war, wird an der Dominanz und Marktmacht dieser Konzerne kaum etwas ändern. Sie haben den Grundstein vor langer Zeit gelegt. Der neue Wettbewerbsparagraf in Deutschland ist an dieser Stelle ein zahnloser Tiger, ähnlich wie die von der EU verabschiedeten Gesetze Digital Markets Act und Digital Services Act.

Selbstredend gilt es dennoch, einen Missbrauch von Marktmacht einzudämmen, so gut es geht. Dabei müssen vor allem Selbstbevorzugung bei Internet-Produkten und -Diensten sowie Preisdumping durch Quersubventionierung auf dem Radar bleiben und unterbunden werden. Direkte Eingriffe in die hochintelligente Datenverarbeitung sind allerdings ein zweischneidiges Schwert. Denn eine grundlegende Regulierung beim Datenschutz beispielsweise muss für alle Marktteilnehmer gelten. Strenge und detaillierte Regulierung legt nicht nur den Tech-Konzernen Fesseln an, sondern droht auch die Entwicklung einer innovativen und schlagkräftigen Datenökonomie nachhaltig auszubremsen.

Vor allem junge innovative Unternehmen in Europa tun sich jetzt schon schwer, umfassende Datenschutzanforderungen oder andere Internet-Regularien zu bewältigen. Die Kosten sind mitunter unvertretbar hoch, Sanktionen existenzgefährdend. Der ohnehin gigantische Nachholbedarf Europas bei datenbasierten Geschäftsmodellen wird da­mit zementiert, die Kluft zu den Schwergewichten in den USA, aber auch in Asien wächst. Beim Umgang mit der Datenökonomie offenbart sich für die Behörden ein schwer lösbares Dilemma.