Hochzinsanleihen

Gefallene Engel sind sehr attraktiv

Fallen Angels ziehen das Interesse der Anleiheinvestoren auf sich. Denn sie zeigen gegenüber dem gesamten Markt der hochverzinslichen Anleihen eine Outperformance.

Gefallene Engel sind sehr attraktiv

Von Kai Johannsen, Frankfurt

Am Markt für Hochzinsanleihen – sogenannte High-Yielder (HY) – ziehen die Fallen Angels das Interesse der Investoren verstärkt auf sich. Unter gefallenen Engeln versteht man Unternehmen (bzw. deren Anleihen), die vom Investment-Grade-Bereich des Ratingspektrums in den Sub-Investment-Grade-Bereich herabgestuft wurden, dort aber auf der höchsten Stufe liegen – also bei einer Benotung der Kreditwürdigkeit und damit der Fähigkeit, Zins- und Nominalwertrückzahlung leisten zu können, von Doppel-B. Wenn man so will, sind es die Rosinen unter den schlechteren Bonitäten.

Derzeit befinden sich im US-Hochzinsmarkt rund 92% der Werte auf dieser Rating-Stufe. 6% der Fallen Angels liegen auf der Stufe Single-B, 2% weisen eine Bonitätseinschätzung auf, die noch tiefer ist, also Caa oder niedriger. Damit kommen die Fallen Angels auf eine bessere Bonitätsbeurteilung als der breite HY-Markt­ (54% BB, 35% Single-B, 12% Caa oder tiefer) oder die als liquide eingestuften Hochverzinslichen, von denen 42% auf Doppel-B kommen, 46% auf Single-B und 12% auf schlechtere Ratings. Das geht aus einem Paper der zu BNY Mellon gehörenden Insight Investments hervor, das der Börsen-Zeitung vorab vorliegt.

Fallen Angels ziehen gerade in wirtschaftlichen Erholungsphasen die Aufmerksamkeit der Anleger auf sich. Viele dieser Unternehmen sind in einer vorangegangenen wirtschaftlichen Schwächephase unter Druck geraten, verzeichneten Um­satz- und Ergebnisrückgänge, gaben Gewinnwarnungen ab, erlitten eine Verschlechterung der Credit-orientierten Fundamentaldaten, was die Ratingverschlechterungen nach sich zog. Sie fielen in den Sub-Investment-Grade-Bereich. Kommt es aber in der Folgezeit zu einer wirtschaftlichen Erholung, verbessern sich auch für viele dieser Unternehmen die ökonomischen Aussichten, nicht selten folgt der Turnaround. Und damit verbessert sich in der Regel auch die Kreditwürdigkeit wieder, es erfolgt eine Heraufstufung in den Investment-Grade-Bereich – der Fallen Angel wird zum Rising Star.

Brüchiges Fundament

Auf eine gesamtwirtschaftliche Erholung nach Überwinden der Covid-19-Krise hatten sich in den vergangenen Wochen viele Anleger wieder eingestellt. Seit der vergangenen Woche steht diese Einschätzung zumindest auf einem sehr brüchigen Fundament. Der Grund ist der Russland-Ukraine-Krieg. Noch kann verständlicherweise niemand mit Verlässlichkeit abschätzen, wie lange dieser Krieg anhalten, welche Dimensionen er annehmen und vor allem welches menschliche Leid er nach sich ziehen und welche wirtschaftlichen Konsequenzen er haben wird. Zu hoffen ist auf ein schnelles Ende durch spätes Einlenken und das Ausbleiben verheerenden menschlichen Leids.

Kommt es zur wirtschaftlichen Erholung, auf die in den vergangenen Monaten viele Anleger gesetzt haben, finden sich auch High-Yielder in einem besseren Umfeld wieder. Die Anleihen zeigen im Zuge dieser Entwicklung eine sehr ansprechende Performance. So stellen die Experten von Insight Investment fest, dass die Bonds über die vergangenen Perioden der wirtschaftlichen Erholung, in denen dann auch die risikolosen Zinsen gestiegen sind (gemessen an der zehnjährigen US-Staatsanleiherendite um einen Prozentpunkt oder mehr), praktisch durch die Bank weg in diesen Perioden besser bei der Gesamtperformance abschnitten als der breite Markt oder die liquiden Namen des HY-Universums. Zu berücksichtigen ist auch: Die Anleihen des Fallen-Angels-Segments weisen im Vergleich zu anderen High-Yieldern längere Laufzeiten auf, haben infolgedessen ein höheres Zinsrisiko, zeigten aber insgesamt betrachtet trotzdem diese Outperformance gegenüber dem breiten Markt und den liquiden Namen in den vorigen sieben Zinssteigerungsphasen von 1% oder mehr der zehnjährigen US-Treasuries seit dem Jahr 2004.

Insight Investment konstatiert zudem, dass die Verluste, die diese BB-Namen des HY-Bereiches zuvor erlitten, geringer ausfielen als das Minus, das der breite Hochzinsmarkt oder die liquiden Namen dieses Spektrums hinnehmen mussten. Kennziffer ist das Maximum Drawdown, also der stärkste verzeichnete Verlust, der bei den Fallen Angels im Schnitt zwar nicht unerhebliche 31% betrug, damit aber hinter dem breiten HY-Markt (Minus von 33%) und den liquiden HY-Pendants (Rückgang von 37%) zurückblieb. Festgehalten wird aber auch, dass es hier eine hohe Volatilität gegeben hat.

Der Zwang zu kaufen

Diese Risk-Return-Eigenschaft sprechen für die Fallen Angels und machen sie deshalb für weite Anlegerkreise interessant. Die Insight-Investment-Experten weisen darauf hin, dass viele Investoren zu Verkäufen dieser Papiere schlichtweg aufgrund ihrer Anlagekriterien gezwungen sind, wenn es zu dem Down­grade auf Sub-Investment-Grade kommt, denn sie dürfen diese Papiere dann nicht mehr halten. Umgekehrt kommt es aber auch zu einem Forced Buying, wenn der Turnaround in wirtschaftlicher Hinsicht und damit die Rückkehr in die Investment-Grade-Kategorie der Bonität kommt. Dann greifen viele Anleger umgekehrt wieder verstärkt zu.

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