Unterm StrichQualitätsjournalismus

In Symbiose mit dem Finanzplatz

Künstliche Intelligenz wird Journalismus ergänzen, aber nicht ersetzen. Die Beurteilung von Quellen, die Bewertung von Sachverhalten und ihre Einordnung braucht Qualitätsjournalismus mehr denn je.

In Symbiose mit dem Finanzplatz

In Symbiose mit dem Finanzplatz

Von Claus Döring

Künstliche Intelligenz wird Journalismus ergänzen, aber nicht ersetzen. Die Beurteilung von Quellen, die Bewertung von Sachverhalten und ihre Einordnung braucht Qualitätsjournalismus mehr denn je.

„Ein Finanzplatz von Format ist nicht denkbar ohne eine Finanzpresse von Format.“ Mit diesem Satz beschrieb einst mein Vorgänger als Chefredakteur der Börsen-Zeitung die Symbiose von Finanzmärkten und Finanzmedien. Ein „Wall Street Journal“ wäre ohne den Aufstieg von New York zum einst größten Aktienmarkt der Welt nicht die auflagenstärkste Wirtschaftszeitung geworden, der vom Verlag kreierte Dow Jones nicht zur Index-Ikone. Vergleichbar hat die „Financial Times“ mit der auf dem kolonialen Empire fußenden Finanzkraft der Londoner Börse ihre Relevanz global ausgespielt, und auch dort begleitete mit dem „Footsie“ (FTSE 100) ein vom Verlag entwickelter Aktienindex die Erfolgsgeschichte. Und in Deutschland? Hier war mit dem Zweiten Weltkrieg nicht nur der Finanzplatz Berlin, sondern auch die einstige „Berliner Börsen-Zeitung“ untergegangen.

Die nach den Erfahrungen des Dritten Reiches zu Recht stark föderativ angelegten Strukturen der bundesrepublikanischen Geld- und Finanzwirtschaft spiegelten sich im Wertpapiergeschäft und den acht regionalen Börsenplätzen. Erst in den 1980er Jahren folgte die Fokussierung, die 1992 zur Gründung der Deutschen Börse und zum Aufstieg Frankfurts als wichtigsten deutschen und führenden kontinentaleuropäischen Finanzplatz führte. Als „Zeitung für den Finanzplatz“ begleitete die Börsen-Zeitung diesen Prozess und entwickelte 1988 den Deutschen Aktienindex Dax.

Stetig im Wandel

Mit der Einführung des Euro und der Öffnung der nationalen Geld- und Wertpapiermärkte erweiterte auch die Börsen-Zeitung ihren Fokus. Der bis heute geltende Untertitel „Zeitung für die Finanzmärkte“ ist Programm. Er definiert das Selektionskriterium in der Flut der Informationen. Unverändert versteht sich die Börsen-Zeitung als publizistische Stimme des Finanzplatzes, die den Wandel begleitet, zu Reformen ermuntert und Wettbewerb fordert. Zwar verflüchtigte sich der traditionelle Börsenplatz in elektronische Systeme, doch die „Kulisse“ blieb entscheidend, sprich der regulatorische Rahmen und die Kapitalmarktkultur. Letztere zu fördern, war seit Gründung der Zeitung 1952 ihr publizistischer Auftrag. „Durch aufmerksamste Berichterstattung, durch Information und – wenn es sein muss – auch durch Kritik wird das neue Blatt seiner Aufgabe dienen“, hieß es im Editorial der ersten Ausgabe. In diesem Sinne tritt die Börsen-Zeitung für eine liberale Wirtschaftsordnung, stabiles Geld, solide Finanzen, unternehmerische Privatinitiative und soziale Verantwortung ein.

Um ihren Auftrag bestmöglich zu erfüllen, hat die Börsen-Zeitung regelmäßig Blattstruktur, Layout, Formate, Rubriken und Themenschwerpunkte verändert. Aktuell transformieren Digitalisierung und der Einsatz künstlicher Intelligenz die Medien, von der Beschaffung und Aufbereitung der Information bis zur Präsentation und Nutzung. Doch weder ChatGPT noch andere KI-Instrumente werden Journalismus ersetzen können. Die Beurteilung von Quellen, die Bewertung von Sachverhalten und ihre Einordnung lassen Qualitätsjournalismus noch wichtiger werden und liefern Mehrwert in einer Zeit, in der Information zur Commodity geworden ist.

Das war schon so, als vor 21 Jahren meine Kolumne „Unterm Strich“ zum ersten Mal erschien, unter einem Layoutstrich am Fuß der Kommentarseite. Immer in der Sonnabendausgabe habe ich darin ein aktuelles Thema intensiver beleuchtet und kommentiert. Oft hätte die Rubrik auch „Gegen den Strich“ heißen können. Denn wer zur Quelle will, muss bekanntlich gegen den Strom schwimmen. Ich hoffe, liebe Leserinnen und Leser, Ihnen dabei neue Perspektiven und „Food for Thought“ geboten zu haben. Mit dieser Ausgabe verabschiede ich mich als Autor und freue mich darauf, künftig wie Sie als Leser der Börsen-Zeitung und Nutzer ihrer digitalen Angebote und Podcasts bestens über finanzmarktrelevante Themen informiert zu werden. 

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