Washington

Mit Hühnerzucht gegen die Inflation

Die hohe Inflation hat sich in den USA nirgendwo so deutlich bemerkbar gemacht wie bei Eiern, deren Preise im letzten Jahr um 60% gestiegen sind. Folglich entdecken immer mehr Haushalte die Hühnerzucht. Das birgt aber auch Risiken.

Mit Hühnerzucht gegen die Inflation

Vergangenes Jahr hat jeder Amerikaner im Schnitt 288 Eier verzehrt, und angesichts des exorbitanten Preisanstiegs greifen immer mehr Haushalte auf eine Alternative zurück, um an ihre Frühstückseier zu kommen. So ist die Zahl der Familien, die ihre eigenen Hühner züchten, 2022 auf den höchsten Stand in der Geschichte gestiegen. Experten warnen aber vor Risiken. Schließlich könnte sich die Hühnerzucht langfristig als Fehlinvestition erweisen. Noch gefährlicher: Salmonellenvergiftungen und andere Erkrankungen sind keine Seltenheit bei Haushalten, die ihren eigenen Hühnerstall im Hinterhof haben.

Wie das US-Arbeitsministerium kürzlich berichtete, legten die Verbraucherpreise im abgelaufenen Jahr um 6,5% zu. Lebensmittel verteuerten sich sogar um 10,4%. Verglichen mit dem Preisanstieg bei Eiern nehmen sich die Zahlen aber harmlos aus. So kosten Hühnereier heute 60% mehr als vor einem Jahr. Nicht, wie bei so vielen anderen Produkten, wegen der Störungen in globalen Lieferketten. Grund ist vielmehr ein Ausbruch der Vogelgrippe, an der Hühner in 47 der 50 US-Bundes­staaten erkrankten und in den meisten Fällen verendeten. Die Folge: Organische Eier kosten nun in der Regel mehr als 5 Dollar pro Dutzend. In einigen Gegenden ist der Preis sogar über die Marke von 10 Dollar geklettert.

Deswegen entschied sich auch Cassidy O’Donnell, acht Küken und einen umzäunten Hühnerstall zu kaufen, der nun auf ihrem Grundstück in Pennsylvania steht. Sie rechnet damit, dass die Hühner allmählich 100 Eier pro Jahr legen werden und die Zahl ab dem Frühjahr, wenn es wieder wärmer wird, auf bis zu 150 steigen kann. Zieht sie die einmaligen Anschaffungskosten ab, „dann sparen wir damit jeden Monat 40 Dollar“. Werden nicht alle Eier von ihrer Familie gegessen, dann ist O’Donnell sicher, den Rest gewinnbringend an Nachbarn verkaufen zu können.

Kunden wie Cassidy lassen bei Mittelbetrieben wie „My Pet Chicken“ – zu Deutsch „Mein Haustier Huhn“ – die Kassen klingeln. Dort reichen die Preise von 3 Dollar pro Küken bis hin zu mehr als 100 Dollar für edle, schwarze Ayam-Cemani-Hühner. Verkauft werden von der im Staat Georgia ansässigen Firma neben dem Federvieh auch Hunderte von anderen Produkten, Ställe, Nistkästen, Einstreu, Inkubatoren und Hühnerfutter. „Das Geschäft boomt richtig“ stellt Mike Higman von Mypetchicken.com fest. So sei im abgelaufenen Jahr der Umsatz um 80% hochgeschossen. Laut Higman würden Kunden erzählen, „dass sie nicht nur über die extrem hohen Preise besorgt sind, sondern auch über die längerfristige Verfügbarkeit von Eiern“. Medizinische Experten weisen allerdings darauf hin, dass die Hühnerzucht mit Gesundheitsrisiken verbunden ist. Nach Angaben der Bundesgesundheitsbehörde Centers for Disease Control (CDC) führten Salmonella-Erkrankungen dazu, dass 2022 mehr als 200 Besitzer von Hühnern ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten. Häufig seien bei Züchtern auch ansteckende Durchfallerkrankungen, die durch Campylobacter-Bakterien auf dem Schnabel, im Gefieder und im Verdauungstrakt der Vögel ausgelöst werden.

Skeptiker argumentieren außerdem, dass es sich beim Züchten von Hühnern wohl kaum um eine lohnende Investition handelt. Sie verweisen zum einen auf die Kosten der Anschaffung. So können die Preise für einen Stall von ein paar Hundert bis zu mehr als 6000 Dollar reichen. Dazu kommen noch die Ausgaben für die Beheizung und das Futter, von dem Zeitaufwand, der mit der Zucht verbunden ist, ganz zu schweigen.

Wie Sarah Cook aus Seattle, Washington, Gründerin der Rezepte-Website „Sustainable Cooks“ feststellt, zahlt sich das Züchten nur in den seltensten Fällen aus. „Wenn ich die Pflege und das Füttern meiner zugegebenermaßen verwöhnten Hühner berücksichtige, dann kosten mich ein Dutzend Eier auch mindestens 3,50 Dollar“, so Cook. Von den Gesundheitsrisiken und hohen Kosten lassen sich aber nur die Wenigsten beirren. Nach Angaben der American Pet Products Association (APPA) züchteten vergangenes Jahr 13% aller US-Haushalte ihre eigenen Hühner, der mit Abstand höchste Anteil, der je gemessen wurde.