Nord/LB

Nicht der letzte Chef

Der künftige Nord/LB-Chef hat gute Chancen, nicht der letzte zu sein. Die Landesbank ist für Niedersachsen weiterhin sehr wichtig.

Nicht der letzte Chef

Ins Ziel hat Thomas Bürkle den Umbau der Nord/LB nicht gebracht. Bis 2024 sollen der Schrumpfkurs und die Ausrichtung der viertgrößten Landesbank auf profitables Neugeschäft noch andauern, am Ende des laufenden Jahres jedoch wird der 68 Jahre alte Vorstandsvorsitzende mit Vertragsablauf aufhören. Aus einem Mittelstreckenlauf, der sich im Sommer 2017 mit der beschlossenen vollständigen Integration der in Seenot geratenen Tochter Bremer Landesbank ankündigte, wurde ein Marathon.

Die selbst durch die Folgen der Schifffahrtskrise in arge Bedrängnis geratene Nord/LB musste nach Rekordverlusten Ende 2019 durch ihre Altträger, vor allem das Land Niedersachsen, sowie die Sparkassen-Finanzgruppe mit rund 3,6 Mrd. Euro rekapitalisiert werden. Sie musste sich ferner im Gegenzug für die Genehmigung der Finanzhilfen durch die EU-Kommission auf ein Geschäftsmodell mit Finanzzielen verpflichten, die in Anbetracht der Null- und Negativzinslandschaft, beträchtlicher regulatorischer Anforderungen, der Risiken im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie und des Wettbewerbs im deutschen Bankenmarkt als sehr ambitioniert anzusehen sind. Der Anfang Juni als Bürkles Nachfolger berufene Jörg Frischholz soll von 2022 an den Umbau der Nord/LB fortsetzen und versuchen, bis 2024 eine Eigenkapitalrendite von 7,5% und eine Kostenquote von rund 50% zu erreichen. Davon ist die Bank, die im Geschäftsjahr 2020 dank eines positiven Sondereffekts einen Minigewinn verbuchte, noch weit entfernt.

Die geglückte Rekapitalisierung sowie die Abschirmung von Portfolios in der Schiffs- und Flugzeugfinanzierung durch das mehrheitlich an der Nord/LB beteiligte Land Niedersachsen geben der Bank die Chance, sich stabil neu aufzustellen. Fortschritte auf dem Weg, die Bilanzsumme in der Kernbank auf das Zielniveau von 98 Mrd. Euro und die Verwaltungskosten unter anderem durch eine Halbierung der Stellenzahl zu reduzieren, sind erkenn- oder absehbar. Die Risikovorsorge hat inzwischen keine bedrohlichen Ausmaße mehr. Mit der Bereinigung ihres gesamten Kreditbuchs ist die Landesbank, die keine Schiffsfinanzierung mehr betreibt, deutlich vorangekommen. Die Quote der ausfallgefährdeten Kredite ist von 4,8% Ende 2017 auf zuletzt 1,3% gesunken. Anspruchsvoll sind aber vor allem die Aufgabe, ertragreiches Geschäft etwa durch Spezial- und Projektfinanzierungen in den Bereichen Erneuerbare Energien, Infrastruktur oder Gewerbeimmobilien neu aufzubauen, sowie das Projekt einer neuen Banksteuerung.

Dieses Projekt, das viele Kapazitäten bindet, soll die Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit der Nord/LB verbessern. Nicht zuletzt geplante Investitionen von 300 Mill. Euro in ein integriertes Steuerungssystem signalisieren, dass weiterhin großes Interesse am Fortbestand dieser Landesbank – der größten Bank in Norddeutschland – besteht. Zumindest aus Sicht des Haupteigentümers Niedersachsen. Die Position der Sparkassen in dem Land, deren Anteile infolge der Rekapitalisierung von gut 26 auf unter 10% gesunken sind, ist eine andere.

Dass sie ihre seit Ende 2019 über den Regionalverband in Hannover gehaltene Beteiligung schrittweise vollständig abschreiben, mag nicht als Beleg für mangelndes Vertrauen in die Fähigkeit der lange Zeit kapitalklammen Nord/LB zu verstehen sein, die Erwartungen der EU-Kommission zu erfüllen. Doch die Abschreibungen verdeutlichen: Ein Juwel wird diese Landesbank für die Sparkassen, die schon lange keine Freude mehr an ihr haben, nicht mehr. Mit der Befreiung von künftigen Bewertungslasten zielen sie darauf ab, flexibler auf mögliche Optionen für die Nord/LB in der Zukunft reagieren zu können.

Doch welche könnten das sein? Verbandspräsident Thomas Mang appelliert, die Landesbank bei den – infolge der Coronakrise auf Eis gelegten – Gesprächen über die Bildung eines Sparkassenzentralinstituts nicht zu vergessen. Dafür allerdings müsste das Land Niedersachsen seinen Spaß an der Nord/LB verlieren. Zu rechnen ist damit nicht – abgesehen davon, dass die Bereitschaft in der roten Finanzgruppe für eine Übernahme der Anteile wohl sehr limitiert wäre. Auch das Herauskaufen der Sparkassen aus der Nord/LB durch das Land oder eine Beteiligung Niedersachsens an einer etwaigen Minderheitsbeteiligung von Bundesländern an einem Sparkassenzentralinstitut sind derzeit kaum wahrscheinlich. Eher dürfte der künftige Landesbankchef, der jüngste seit Bernd Thiemann im Jahr 1981, gute Chancen haben, nicht der letzte zu sein.