Im Blickfeld Nach dem Regierungswechsel

Polens schwerer Abschied von der Bankensteuer

Die neue polnische Regierung besetzt das Finanzministerium mit eigenen Leuten. Das Ende der Sondersteuer für Banken ist damit jedoch wohl noch nicht eingeläutet.

Polens schwerer Abschied von der Bankensteuer

Der schwere Abschied von der Bankensteuer in Polen

Neubesetzung des polnischen Finanzministeriums bedeutet nicht zwingend das Ende der Sondersteuer

Von Sebastian Becker, Warschau

Die neue polnische Regierung räumt schon einmal im Finanzministerium auf und besetzt die Positionen mit ihren Gefolgsleuten. Damit setzt sie ein starkes politisches Zeichen. Schafft sie nun auch die Bankensteuer ab – ein altes Projekt der PiS?

Der neue polnische Finanzminister Andrzej Domański ist noch nicht einmal eine Woche im Amt und drückt bei der Übernahme der Regierungsgeschäfte aufs Tempo: So kehrt der 42-Jährige in seinem Ressort bereits mit eisernem Besen und wirft hohe Angestellte der alten Administration raus. Und schon am Montag und Dienstag besetzt der Ökonom die Stellen mit seinen Gefolgsleuten.

Darüber hinaus macht er sich daran, das Budget für 2024 noch einmal schnell zu ändern, auch wenn dafür im laufenden Jahr kaum noch Zeit dafür ist. „Die Arbeit am Haushalt kommt ganz stark voran“, teilte der Minister auf dem Mediendienst „X“ mit. „Zeit haben wir rekordverdächtig wenig, doch wir schaffen das. Stay tuned!“

Bankensteuer war ein Projekt der Vorgängerregierung

Jetzt stellt sich die Frage, ob Domański nicht auch rasch die Bankensteuer in Polen abschafft oder zumindest reformiert. Denn dieses Gesetzesprojekt ist sehr eng mit der Vorgängerregierung verbunden. Die Partei für Recht und Gerechtigkeit (PiS) hatte den Unternehmen aus der Finanzwirtschaft 2016 sofort nach der Machtübernahme diesen neuen Obolus auferlegt. Politisch ergibt die Abschaffung der Steuer Sinn, weil Domański damit ein klares Zeichen setzen würde, dass er die Regierungsarbeit der PiS nicht fortsetzt.  

„Das Ziel ist die Gewinnung zusätzlicher Finanzierungsquellen für den Haushalt, und zwar insbesondere für soziale Zwecke“, schrieben die PiS-Autoren des Gesetzesprojektes damals. Damit wollte die Partei soziale Wohltaten für ihre Wählerinnen und Wähler finanzieren – beispielsweise ein monatliches Kindergeld von 500 Zloty (bei aktuellem Kurs ungefähr 115 Euro). Gerade dieses Projekt hatte die Organisation sehr publikumswirksam verkauft.

Darüber hinaus sollten auch die großen internationalen Einzelhandelskonzerne mit einer Sondersteuer diese staatlichen Sozialleistungen finanzieren. Die Metro-Gruppe, der französische Auchan-Konzern und die anderen internationalen Händler setzten alle rechtlichen und politischen Hebel in Bewegung und wehrten sich dagegen nach Leibeskräften. Sie schafften es schließlich, dass die polnische Regierung von dieser Sondersteuer wieder Abstand nehmen musste.

Fünf Steuern und Abgaben

Bei den Banken hingegen ist sie geblieben – und sorgt in den Bilanzen der Finanzunternehmen schon seit acht Jahren für eine zusätzliche Belastung. Die Steuer beträgt jährlich 0,44% der Aktiva. Banken gehören zu den Branchen im Land, die sehr stark besteuert werden. So beträgt ihr effektiver Steuersatz 45%. Die Ölindustrie zahlt 20%, während die Lebensmittelbranche mit 18% belastet wird. Aus deutscher Sicht ist die Steuer für die Commerzbank nicht unbedeutend, weil die polnische Tochter MBank zum Konzern gehört.

Der polnische Staat hat damit zwischen den Jahren 2016 und 2022 ungefähr 29,1 Mrd. Zloty an Einnahmen (6,7 Mrd. Euro) erzielt. Die Volumina lagen im Durchschnitt stets zwischen drei und fünf Mrd. Zloty (etwa 700 Mill. bis 1,2 Mrd. Euro). Dabei werden die Banken sowieso schon sehr stark mit anderen Abgaben belastet. Wie die Interessenvertretung Zjednoczenie Polskich Banków (ZPB) erklärt, lasten bereits mindestens fünf zusätzliche Steuern und Abgaben auf den Finanzunternehmen, wenn man die Bankensteuer dazu zählt.

Kreditferien belasten polnische Banken

Zwischen 2015 und 2022 schlugen diese finanziellen Belastungen mit 80,9 Mrd. Zloty (18,7 Mrd. Euro) zu Buche. Besonders große Abgaben sind beispielsweise die sogenannten Kreditferien – ein besonderes Instrument für Kreditnehmer. Hier betrugen zwischen 2015 und 2022 die Kosten 18,1 Mrd. Zloty (4,2 Mrd. Euro). Darüber hinaus müssen die Firmen den Bankgarantiefonds BFG bedienen, der die Einlagen der Banken und Sparkassen garantieren soll. Dieser Fonds ist nicht billig und hat den Unternehmen im selben Zeitraum Belastungen von 16,1 Mrd. Zloty (3,7 Mrd. Euro) verursacht.

Zur Einordnung: Die jährlichen Nettogewinne lagen innerhalb dieses Zeitraums immer so zwischen 7,5 und 15 Mrd. Zloty (1,6 und 3,5 Mrd. Euro). Zuletzt haben die Banken bis Ende 2023 eine Steigerung gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 283,5% auf 21,2 Mrd. Zloty (4,9 Mrd. Euro) erreicht.

Banken klagen über Steuer

„Es liegt auf der Hand, dass eine niedrigere Steuer den Akteuren des Bankensektors zugutekäme“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Pekao S.A., Leszka Skiby, der Börsen-Zeitung. Höhere Gewinne erhöhen seinen Aussagen zufolge das Eigenkapital der Banken, was eine höhere Kreditvergabe ermögliche. „Prognosen deuten darauf hin, dass Polen in den kommenden Jahren aufgrund der Energiewende, der Verlagerung der Produktion von Asien nach Europa und des Wirtschaftswachstums selbst mit einem Anstieg der Investitionsausgaben rechnen muss“, so der Manager.

„Die Bankensteuer führt zu einer suboptimalen Vermögensallokation in den Banken“, sagte Piotr Utrata, der Sprecher der ING Bank Slaski. Die Bankensteuer sei im Wesentlichen eine Steuer auf Vermögenswerte. „Die derzeitige Art der Steuerberechnung belastet die Kreditvergabe der Banken, was sich indirekt auf die Finanzierung der Wirtschaft, aber auch der Verbraucher auswirkt“, mahnte der Sprecher. Es lohne sich, über den Sinn der Existenz einer Bankensteuer oder ihrer Ausgestaltung nachzudenken. Der Pressesprecher der PKO BP, Michał Zwoliński, hingegen wollte sich auf Anfrage der Börsen-Zeitung nicht äußern – kein Wunder, denn sein Unternehmen befindet sich zu knapp einem Drittel im Eigentum des polnischen Staates.

Verführerische Einnahmen

Es sieht allerdings nicht danach aus, dass die neue Regierung die Steuer sofort abschafft. Das polnische Finanzministerium reagierte auf eine Anfrage der Börsen-Zeitung nicht. „Dass die Steuer verschwindet, ist wenig wahrscheinlich“, hieß es aus Kreisen der polnischen Bankaufsicht ZPB. Wenn es ums Geld geht, dann stehen politische Prinzipien wohl schon mal hintan. Für 2024 hat die PiS-Regierung mit sechs Mrd. Zloty (1,4 Mrd. Euro) und für 2025 mit 6,25 Mrd. Zloty gerechnet. Die Mittel nimmt natürlich auch die neue Regierung gerne für ihren Haushalt mit.

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