Uniper

Too big to fail

Wie dramatisch die Entwicklungen im europäischen Energiemarkt derzeit auseinanderdriften, belegen allein die Schlagzeilen vom Mittwochmittag. Eine ernsthafte Alternativen zur Verstaatlichung von Uniper gibt es nicht mehr.

Too big to fail

Wie dramatisch die Entwicklungen im europäischen Energiemarkt derzeit auseinanderdriften, belegen allein die Schlagzeilen vom Mittwochmittag: Da kündigt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein Gesetz an, um übermäßige Gewinne von Energieunternehmen, die seit Monaten von den massiven Preissteigerungen profitieren, abzuschöpfen und umzuverteilen. Nahezu zeitgleich bestätigt Deutschlands größter Gasimporteur Uniper, dass er mit der Bundesregierung über seine mög­liche Verstaatlichung verhandelt.

In beiden Fällen muss also der Staat eingreifen: einerseits, um zu verhindern, dass Energiekonzerne auf Kosten ihrer Kunden schwindelerregende Gewinnsprünge verbuchen. Andererseits, um zu verhindern, dass der größte deutsche Gashändler kollabiert –  und damit die Energieversorgung von Millionen Privat- und Unternehmenskunden gefährdet.

Die Ursachen sind in beiden Fällen gleich: die Abgängigkeit von Russland als Gaslieferant, die Europa anfällig und erpressbar gemacht hat. Und eine Marktstruktur im Energiegeschäft, in der sich einzelne Player zu systemrelevanten Infrastrukturbetreibern entwickeln konnten. Uniper, einst als fossile Bad Bank vom zum Grünstromproduzenten konvertierten Mutterkonzern Eon abgespalten, ist schlicht „too big to fail“.

Zwar betont das Bundeswirtschaftsministerium, dass in den laufenden Gesprächen mit Uniper und ihrem finnischen Mehrheitseigner Fortum eine Verstaatlichung noch keineswegs entschieden sei. Doch ein Blick auf die Geschäftszahlen des Energiekonzerns genügt, um zu erkennen: Ernsthafte Alternativen gibt es angesichts der sich immer weiter verschärfenden Marktsituation nicht mehr.

Schon jetzt ist absehbar, dass sich die Verluste bei Uniper bis zum Jahresende auf 18 Mrd. Euro auftürmen könnten. Im August hatte der Konzern bereits seine Kreditlinien bei der KfW aufgebraucht und musste zusätzliches Geld abrufen. Ohne weitere staatliche Hilfe ist Uniper nicht überlebensfähig.

Überraschend kommt das alles nicht. Bei Uniper haben die Beteiligten die Folgen der selbst geschaffenen Abhängigkeiten unterschätzt.

Massive Kritik etwa hagelte es für die Entscheidung, einen derart relevanten Betreiber kritischer Infrastruktur überhaupt an den finnischen Konzern Fortum zu verkaufen. Dass der mittlerweile keinen Hehl mehr daraus macht, seine deutsche Problemtochter gerne loszuwerden, verschärft die Debatte über die Finanzhilfen aus Steuermitteln. Als „nicht hilfreich“ brandmarken Branchenkenner zudem die Tatsache, dass Uniper von ihrem einstigen Mutterhaus Eon zum Start in die Eigenständigkeit einen gewaltigen Schuldenberg mitgegeben bekam. Auch wenn eine derartige Kulmination wirtschaftlicher und politischer Krisen, wie sie mittlerweile herrscht, selbst für Pessimisten nicht absehbar war − teuer wird es für die Steuerzahler nun in jedem Fall. Auch wenn noch offen ist, ob die Milliarden für eine Verstaatlichung von Uniper etwa aus dem Wirtschafts­stabilisierungsfonds kommen könnten.

Da ist es zumindest psychologisch hilfreich, dass ausgerechnet am selben Tag der Ausstieg des Bundes bei der Lufthansa signalisiert: Manchmal geht ein staatliches Rettungsmanöver auch mit einem üppigen Gewinn aus.

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