Außenhandel

Deutsche Exporte sinken überraschend

15 Mal in Folge gab es jeden Monat Wachstum beim Export Deutschlands. Damit ist jetzt Schluss: Schuld sind Materialengpässe und gestörten Lieferketten.

Deutsche Exporte sinken überraschend

Die außergewöhnlich lange Erfolgsserie der deutschen Exporteure ist im August angesichts von Materialengpässen und gestörten Lieferketten gerissen. Nach zuvor 15 Monaten Wachstum in Folge sanken die Ausfuhren um 1,2% zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Das kommt überraschend: Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem weiteren Anstieg von 0,5% gerechnet. Im Juli hatte es noch ein Plus von 0,6 % gegeben, im Juni von 1,3%. Die Importe wuchsen dagegen im August mit 3,5% fast doppelt so stark wie angenommen. Die deutsche Industrie musste ihre Produktion zuletzt trotz voller Auftragsbücher stark drosseln, da wichtige Vorprodukte wie Halbleiter fehlen.

Insgesamt verkauften die Unternehmen Waren im Wert von 104,4 Mrd. Euro ins Ausland. Verglichen mit August 2020 ist das eine Zunahme von 14,4 Mrd. Dabei wuchsen die Ausfuhren zum wichtigsten Exportkunden USA um 22,4% auf 9,4 Mrd. Euro, während die nach China um 4,4% auf 7,6 Mrd. Euro zulegten. Das Auslandsgeschäft mit den EU-Ländern nahm um 15,7% auf 55,7 Mrd. Euro zu.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat seine Exportprognose wegen der von den USA und China angeführten Erholung der Weltwirtschaft zuletzt erhöht. Deutsche Firmen dürften demnach 2021 8% mehr ausführen. In der ersten acht Monaten des Jahres lag das Plus bei 15,9%, wobei sich die Ausfuhren auf 892,7 Mrd. Euro summierten. Wegen der Corona-Krise waren sie 2020 um mehr als 9% eingebrochen.

Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, sieht schwierige Monate auf die Unternehmen zukommen. „Die deutsche Wirtschaft muss sich auf einen schwierigen Herbst einstellen. Probleme in globalen Lieferketten, hohe Logistikkosten und ungeklärte Handelsstreitigkeiten verdunkeln den Konjunkturhimmel und haben in der Folge massive Auswirkungen auf die Exporte.“ Mittelfristig seien die Aussichten für die Industrie aber nicht schlecht, meint Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank: „Die Weltwirtschaft wird auf Erholungskurs bleiben. Davon wird die deutsche Exportwirtschaft profitieren. Doch davon einmal abgesehen, alleine die aufgrund des Materialmangels liegengebliebenen Aufträge sprechen für ein kräftiges Anziehen der Exporte – zumindest mittelfristig. Letzteres wird aber erst der Fall sein, wenn der Materialfluss wieder läuft. Gesetzt den Fall, dass im Laufe des kommenden Jahres wieder genügend Vorprodukte zur Verfügung stehen, hat die deutsche Exportwirtschaft ihre Glanzzeiten erst noch vor sich.“

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