Softwareunternehmen

Compugroup-CEO Wössner muss nach eineinhalb Jahren gehen

Der Softwareanbieter Compugroup Medical baut überraschend die Firmenspitze um. Das Unternehmen bekommt nach strategischen Differenzen mit dem alten CEO einen neuen Chef, die Anzahl der geschäftsführenden Direktoren wird reduziert.

Compugroup-CEO Wössner muss nach eineinhalb Jahren gehen

scd

Beim Softwareanbieter Compugroup Medical muss der mit hohen Ambitionen gestartete Ex-Telekom-Vorstand Dirk Wössner nach eineinhalb Jahren an der Spitze schon wieder gehen. Der Vertrag mit ihm werde im gegenseitigen Einvernehmen zum 30. Juni beendet, teilte das Unternehmen am späten Donnerstagabend in Koblenz mit. Hintergrund seien „unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der langfristigen Strategie“. Wössner hatte das Amt erst Anfang vergangenen Jahres als Nachfolger des Unternehmensgründers Frank Gotthardt angetreten. Zuvor hatte Wössner, der bei seinem Amtsantritt als „international sehr erfolgreiche und innovative Führungspersönlichkeit“ gepriesen wurde, von Anfang 2018 bis Ende 2020 das Deutschlandgeschäft der Telekom geleitet. Zuvor war der 53-jährige promovierte Chemiker beim kanadischen Unternehmen Rogers Communications für das Privatkundengeschäft zuständig gewesen.

Der 71-Jährige Gotthardt kontrolliert zusammen mit seiner Familie immer noch einen Großteil der Anteile des Unternehmens. Er ist zudem Vorsitzender des Verwaltungsrats der Compugroup Medical Management SE. Diese ist wiederum die persönlich haftende Gesellschafterin der börsennotierten Compugroup Medical SE & Co. KGaA. Der Kurs der Compugroup-Aktie sackte am Freitag im frühen Handel nach der Nachricht vom Vorabend zunächst um bis zu 9% ab, konnte sich aber wieder etwas erholen. Mit einem Abschlag von 4% lag die Aktie am späten Freitagnachmittag immer noch am SDax-Ende.

Abstieg aus dem MDax

Der Wert des Papiers ist seit dem Amtsantritt Wössners stark gefallen, auch wenn Analysten ihm zugetraut hatten, die großen Fußstapfen Gotthardts auszufüllen. Seit dem Rekordhoch von 85,40 Euro im Herbst 2020 büßte das Papier rund 40% ein und damit deutlich mehr als andere Softwaretitel. Der Börsenwert fiel unter die Marke von 3 Mrd. Euro und die Aktie stieg deshalb im März aus dem MDax in den SDax ab.

Zunächst wurde kein direkter Nachfolger Wössners als Vorstandschef ernannt – stattdessen baut das Unternehmen die Spitze um, die das operative Geschäft verantwortet. Finanzvorstand Michael Rauch werde zum Sprecher der geschäftsführenden Direktoren ernannt und erhalte in dieser Funktion als Primus inter Pares einen Sitz im Verwaltungsrat der Compugroup Medical Management. Rauch hatte seinen Vertrag erst im November bis Ende Juli 2027 verlängert. Zudem werde die Zahl der geschäftsführenden Direktoren von sieben auf fünf reduziert. Diese sollten durch die neue Struktur mehr Eigenverantwortung erhalten. Neben Wössner verlässt der Geschäftsführende Direktor Frank Brecher das Gremium und wird künftig als Senior Vice President Operational Excellence direkt an Rauch berichten. Compugroup hatte das Direktorium erst Februar von fünf auf sieben Personen aufgestockt. Die strategische Ausrichtung ändere sich hingegen nicht. Analyst Gregory Ramirez vom Investmenthaus Bryan, Garnier & Co sieht in dem Umbau der Konzernspitze keinen Grund zur Sorge und bekräftige in einer Studie vom Freitag seine Kaufempfehlung für die Aktien. Die Veränderungen dürften keine Auswirkungen auf die Strategie des Unternehmens haben, deren Fokus auf Wachstum durch die Digitalisierung des Gesundheitssektors liege, erklärte der Experte. Das Koblenzer Unternehmen hatte jüngst ein Rekordquartal gemeldet.