Pat Gelsinger

Der gute Junge von Intel

Pat Gelsinger, seit Februar CEO des Halbleiterherstellers Intel, hatte immer den Ruf, ein bisschen zu angepasst zu sein. Vor ein paar Jahren, als er noch Vorstandschef des Softwarekonzerns VMware war, entschloss sich Gelsinger daher, mit dem...

Der gute Junge von Intel

Von Norbert Kuls, New York

Pat Gelsinger, seit Februar CEO des Halbleiterherstellers Intel, hatte immer den Ruf, ein bisschen zu angepasst zu sein. Vor ein paar Jahren, als er noch Vorstandschef des Softwarekonzerns VMware war, entschloss sich Gelsinger daher, mit dem Langweiler-Image aufzuräumen. Als er auf der jährlichen Kundenkonferenz in Las Vegas auf die Bühne trat, fragte er das Publikum, was er noch tun könne, um sein „Engagement auf die nächste Stufe zu heben“. Er wartete die Antwort nicht ab, berichtete, dass er vor der Rede ein Tätowierstudio besucht habe, und krempelte seinen Ärmel hoch. Zu sehen war ein riesiges Tattoo, das den Namen des Unternehmens in fetten schwarzen Buchstaben auf seinem linken Unterarm zeigte.

Als frischgebackener Intel-CEO lässt Gelsinger fünf Monate nach seinem Antritt auch keine Langeweile aufkommen. Die geplante Übernahme des Chipherstellers Global Foundries für 30 Mrd. Dollar wäre der größte Zukauf in der Geschichte des Unternehmens. Gelsinger hatte im März angekündigt, dass das zuletzt von Konkurrenten stark unter Druck gesetzte Unternehmen verstärkt als Auftragsfertiger agieren will. Es ist kein Wunder, dass Gelsinger nicht viel Zeit braucht, um bei Intel neue Schwerpunkte zu setzen. Der 60 Jahre alte Manager hatte vor seinem Wechsel zum Datenspeicherkonzern EMC im Jahr 2009, wo er drei Jahre später die Leitung von dessen Tochtergesellschaft VMware übernahm, nämlich dreißig Jahre bei Intel verbracht – und damit den Aufstieg des kalifornischen Silicon-Valley-Konzerns hautnah miterlebt und geprägt.

Aufgewachsen ist Gelsinger auf der anderen Seite Amerikas an einem Ort, der nicht nur geografisch weit entfernt von der damals gerade entstehenden Computerbranche war. Gelsingers Eltern hatten eine Farm im ländlichen Pennsylvania und er stand jeden Tag vor Sonnenaufgang auf, um sich um die Schweine und Kühe zu kümmern. Er war gut in der Schule, besonders in Mathematik und Naturwissenschaften, was ihm ein Stipendium für eine Berufsschule einbrachte, wo er erstmals mit Computern Bekanntschaft machte. Mit 18 heuerte er bei dem nur 11 Jahre vorher gegründeten Konzern in Santa Clara an – als Techniker in der Qualitätskontrolle. In den dreißig Jahren danach erwarb er neben der Arbeit Universitätsabschlüsse in Elektrotechnik und wurde 2001, im Alter von 40 Jahren, der erste Technologie-Chef von Intel. Gleichwohl wurde er 2005 im Rennen um den Spitzenposten übergangen. Vier Jahre später wechselte er zu EMC.

Gelsinger gilt aufgrund seiner tiefen Technikkenntnisse auch als jemand, der neue Trends wie das Cloud-Computing früh erkannt hat. „Wenn Sie sich nicht vor diese Wellen des Wandels setzen, werden Sie zu Treibholz“, sagte Gelsinger einmal. „Man muss auf den richtigen Teil der Welle kommen und sich von dieser Energie nach vorne ziehen lassen.“ Die Referenz zum Wellenreiten darf nicht als Zeichen missverstanden werden, dass Gelsinger, ein gläubiger Christ, jetzt zum Bad Boy von Intel avanciert. Auch das – temporäre – Tattoo aus Las Vegas ist schon lange wieder weg. Dass er sich das Logo von Intel tätowieren lässt, ist unwahrscheinlich. Seine Frau fand die Einlage nämlich nicht lustig. Sie habe ihn damals gar nicht wegen der Rede gelobt, erzählt Gelsinger. Ihr Kommentar: „Du wirst das vor dem Urlaub besser wieder los.“