Temenos

Die „Fliege“ fliegt auf Bankensoftware

Der schwedische Private-Equity-Investors EQT interessiert sich für den Bankensoftware-Spezialisten Temenos. Für den Hauptaktionär von Temenos, Martin Ebner, kommt die Spekulation gerade richtig.

Die „Fliege“ fliegt auf Bankensoftware

Von Daniel Zulauf, Zürich

Temenos, die in Genf ansässige Spezialistin für Bankensoftware, steht offenbar auf der Einkaufsliste des schwedischen Private-Equity-Investors EQT. So jedenfalls berichtet Bloomberg. Quellen nennt die Nachrichtenagentur wie üblich keine. Doch an der Schweizer Börse nimmt man das Gerücht offensichtlich sehr ernst. Die Temenos-Aktien haben am Mittwoch mehr als 7% zugelegt. Zufall oder nicht, für den größten Temenos-Aktionär Martin Ebner kommen die Spekulationen genau zur rechten Zeit.

Dem 76-jährigen Schweizer Investor laufen die Geschäfte gerade nicht ganz nach Wunsch. Der Wert seines wichtigsten Assets, eine 20-Prozent-Beteiligung am Schweizer Pharmaunternehmen Vifor, hat sich seit Februar 2020 um mehr als ein Drittel oder um rund 900 Mill. sfr verringert. Am Mittwoch musste die Firma einen herben Rückschlag in der Entwicklung eines Medikamentes für Patienten mit einer Nierentransplantation vermelden. Die Aktie ging mit einem Verlust von knapp 5% in die Statistik der größten Verlierer des Tages ein.

Vor Jahresfrist war auch Vifor als Übernahmekandidat gehandelt worden. Zum Leidwesen von Martin Ebner war das Gerücht aber schnell verflogen und der Kursaufschlag verdampft. Bei Temenos könnte der Investor mehr Glück haben. Immerhin hatte im September des vergangenen Jahres mit Avaloq schon ein anderer Schweizer Bankensoftwareentwickler eine Käuferin gefunden. Die japanische IT-Gruppe NEC legte für die Gesellschaft immerhin 2 Mrd. sfr auf den Tisch.

Allerdings ist Avaloq für eine Internationalisierungsstrategie nur be­dingt hilfreich, denn die Firma ist sehr stak im Schweizer Markt verankert. Dafür ist Ebner in gewisser Weise mitverantwortlich. Bis zur Jahrtausendwende hieß Avaloq BZ Informatik und war eine Abteilung von Ebners BZ Gruppe. Die BZ-Informatiker entwickelten Gesamtlösungen für das Massengeschäft mit Anlagekunden, das Ebner zu jener Zeit mit seiner BZ Bank aufzubauen hoffte. Die Lösungen stießen in der Schweiz auf große Nachfrage. Vor 20 Jahren konnte Avaloq ihren Brutkasten verlassen und zu einem eigenständigen Unternehmen heranwachsen. Temenos ging den umgekehrten Weg. Die 1993 gegründete Firma fokussierte von Beginn weg auf das internationale Geschäft und hatte damit offensichtlich deutlich mehr Erfolg. Der Börsenwert von Temenos beläuft sich aktuell auf fast 10 Mrd. sfr.

Die „Fliege“, wie der Spekulant in seiner Blütezeit wegen seiner auffälligen Halsbinde in der Schweizer Finanzwelt genannt wurde, kennt das Auf und Ab der Börse aus langer, eigener Erfahrung. In den 1990er Jahren trieb er multinationale Konzerne wie UBS, ABB, Credit Suisse oder Roche vor sich her, um sie auf Shareholder-Value-Linie zu trimmen. Damit machte er nebst einer handverlesenen Zahl von Großkunden vor allem auch sich selber reich. Das Privatvermögen des Selfmade-Kapitalisten soll einmal mehr als 3 Mrd. sfr betragen haben. Nach dem Börsenkollaps von 2002 blieben ihm weniger als 60 Mill. sfr übrig. Ebner hat sich mit Hilfe von Freunden zurückgekämpft. Aber die grossen Brötchen bäckt er schon lange nicht mehr, dafür fehlt ihm nicht zuletzt das blinde Vertrauen seiner vielen Anhänger und Bewunderer von einst.