Börsenaspirant

Gründer von Mister Spex haben IPO im Blick

Der Berliner Omnichannel-Optiker Mister Spex peilt einen Börsengang im dritten Quartal an. Als der Firmengründer Dirk Graber 2007 mit der Firma startete, erwies sich das Geschäftsmodell zunächst als etwas kurzsichtig.

Gründer von Mister Spex haben IPO im Blick

Von Stefan Paravicini, Berlin

Als Dirk Graber 2007 damit begann, Brillenhersteller als Partner für einen neuen Online-Optiker zu suchen, reagierten viele der künftigen Lieferanten zunächst zurückhaltend. Das lag wohl auch daran, dass der 44-jährige Diplomkaufmann aus Halle, der nach dem Studium in Marburg, Hongkong, Moskau und an der Handelshochschule Leipzig die Karriere bei der Beratungsgesellschaft Boston Consulting Group startete, damals keine besondere Affinität zu Sehhilfen hatte, sondern vor allem nach einer lukrativen Nische im Internet suchte, die noch nicht besetzt war. Heute vertreibt Mister Spex, die am Montag Pläne für einen Börsengang im dritten Quartal angemeldet hat, mehr als 10000 Korrektions- und Sonnenbrillen von über 100 bekannten Marken und verarbeitet täglich bis zu 20000 Bestellungen.

Der Start der Berliner Firma mit Sitz in Prenzlauer Berg war aber nicht nur wegen der Skepsis von Brillenherstellern und Optikerglaslieferanten schwierig. Denn Grabers Geschäftsidee erwies sich auch wegen der Zurückhaltung der Kunden zum Online-Kauf von Sehhilfen zunächst nicht als ganz so weitsichtig wie erhofft. In den ersten zwei Jahren verkaufte das Start-up vor allem Kontaktlinsen und Sonnenbrillen, wie Graber vor einigen Jahren dem Magazin „Brand eins“ erzählte. Der Gründer holte 2011 den promovierten Marketingexperten und ehemaligen McKinsey-Berater Mirko Caspar (49) als Co-CEO an Bord und versuchte seinen Geldgebern eine Omnichannel-Strategie schmackhaft zu machen. Durch die Investorenbrille wirkte das offenbar nicht überzeugend. „Alle wollten, dass wir online skalieren, niemand wollte in Retail investieren“, erinnerte sich Graber später. Statt eigener Filialen baute Mister Spex in den darauffolgenden Jahren ein Partner-Netzwerk mit Optikern auf, bei denen sich Kunden beraten und auch die Brillen von Mister Spex anpassen lassen konnten. Der Einstieg in den Omnichannel-Vertrieb war gelungen, und nach einer weiteren Finanzierungsrunde eröffneten die Berliner 2016 die erste Filiale. Mittlerweile arbeitet die Firma mit mehr als 400 Partner-Optikern zusammen und ist mit mehr als 40 Läden in Innenstadtlagen präsent. Mit zwei Filialen in Stockholm und einem Store in Wien hat Mister Spex in diesem Jahr auch die ersten Ladengeschäfte im Ausland eröffnet. „Wir machen aber bis heute den größten Teil unseres Umsatzes online“, betonte Graber erst vor wenigen Wochen im Interview der Börsen-Zeitung (vgl. BZ vom 6. Mai).

Erste Erfahrungen mit E-Commerce-Geschäftsmodellen sammelte Graber schon während des Studiums im Rahmen von Praktika beim Online-Marktplatz Ebay und der von Alexander Samwer gegründeten Jamba, die sich mit der Erstellung und Vermarktung von Klingeltönen beschäftigte. Weitere Stationen im Lebenslauf sind die Beratungsgesellschaft KPMG und die Commerzbank.

CFO kommt von Daimler

Für den finanziellen Durchblick ist seit dem Sommer 2020 CFO Sebastian Dehnen zuständig. Er war zuvor für Autogravity als Finanzchef tätig, an der auch Daimler und Volkswagen beteiligt sind. Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler startete seine Karriere bei der Prüfungsgesellschaft EY. Er wechselte später zu Daimler Mobility Services und war von 2015 bis 2018 CFO der Moovel Group, wo er die Verhandlungen und M&A-Prozesse des Mobility Mergers zwischen BMW Group und Daimler AG leitete.