Unbequemer Gründer verlässt die Bühne

Brewdog macht sich börsenfein

Der kantige Brewdog-Gründer James Watt zieht sich in die zweite Reihe zurück. Damit steht einem Börsengang der schottischen Brauerei nichts mehr im Wege.

Brewdog macht sich börsenfein

Unbequemer Brewdog-Gründer verlässt die Bühne

hip London
Von Andreas Hippin, London

Die „Equity Punks“, die der Brauerei Brewdog in mehreren Crowdfunding-Runden die kritische Masse für ihr rasantes Wachstum verschafften, haben es aus den Medien erfahren: CEO James Watt zieht sich nach 17 Jahren aus dem Tagesgeschäft zurück. Er wird zwar künftig immer noch 21% am Unternehmen halten, dem Board aber nur noch als „Kapitän und Mitgründer“ angehören.

Indiz für nahendes IPO

Die Investoren der ersten Stunde wurden erst später per E-Mail über die Personalie unterrichtet. Chief Operating Officer James Arrow übernimmt die Führung. Er kam erst im September vergangenen Jahres an Bord. Zuvor stand er an der Spitze der Optikerkette Boots Opticians, die 550 Filialen unterhält. In der City wurde die Einsetzung des erfahrenen Managers, der auch schon für Dixons Carphone tätig war, als weiteres Indiz für einen herannahenden Börsengang gewertet.

Unter Watts Führung hatte das Unternehmen Negativschlagzeilen gemacht. Ehemalige Mitarbeiter beklagten 2021 in einem offenen Brief eine „Kultur der Angst“ und eine „toxische Einstellung“ des Managements zu den Beschäftigten. Ein Jahr später wurde Watt in einer BBC-Dokumentation „unangemessenes Verhalten“ gegenüber Mitarbeiterinnen vorgeworfen, was er stets bestritt. Die Rundfunkaufsicht Ofcom wies eine Beschwerde von Watt und Brewdog gegen den Sender ab.

Neuer Ärger mit dem Personal

Dieses Jahr gab es neuen Ärger, weil Brewdog neu eingestelltem Personal nur noch den gesetzlichen Mindestlohn zahlen will, nicht mehr wie bisher den „Real Living Wage“, der sich an den Lebenshaltungskosten orientiert. Watt will nach eigenen Angaben mehr Zeit mit Freunden und Familie verbringen. Vieles spricht dafür, dass Chairman Allan Leighton den wenig diplomatischen Gründer aus dem Rampenlicht nehmen wollte. Denn so lassen sich weitere Kontroversen vor einem möglichen Initial Public Offering vermeiden.

Rebellisches Image

Brewdog hatte in der Vergangenheit mit gewagten Werbeaktionen Aufmerksamkeit erregt. Dabei pflegte das von Watt 2007 in einer Garage im schottischen Fraserburgh mit Martin Dickie gegründete Unternehmen stets ein rebellisches Image. Das Flaggschiff heißt nicht umsonst Punk IPA. Watt ließ ausgestopfte fette Katzen aus einem Hubschrauber über der City of London abwerfen, um darauf hinzuweisen, dass es auch ohne Banker Geld bei Anlegern einsammeln kann. Mittlerweile beschäftigt Brewdog mehr als 2.500 Mitarbeiter.

Private Equity an Bord

Hersteller von Industriebieren klagen seit Jahren über Absatzprobleme. Der Produzent obskurer Spezialitäten wie des „Tactical Nuclear Penguin“ mit einem Alkoholgehalt von 32% wurde dagegen von der Kundschaft überrannt. Watt holte 2017 den kalifornischen Finanzinvestor TSG Consumer Partners mit 22% ins Boot, der Marken wie Pop Chips und Tortilla King im Portfolio hat.

Mit dem Wachstum änderte sich das Geschäftsgebaren. Punk-Szenegrößen wie die Bands GBH, Oi Polloi und Subhumans bezweifelten in einem offenen Brief, dass Brewdog den Begriff Punk zu Recht verwendet. Zuvor war das Unternehmen gegen einen Musikveranstalter vorgegangen, der eine Bar mit Namen „Draft Punk“ eröffnen wollte.

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