Energieversorger

Rémonts wichtigste Aufgabe bei EDF

Luc Rémont wird neuer Chef des französischen Energieversorgers EDF. Den derzeitigen Leiter von Schneider Electric erwartet kein Traumjob.

Rémonts wichtigste Aufgabe bei EDF

Von Gesche Wüpper, Paris

Chef von EDF zu sein, sei der schlimmste Job Frankreichs, titelt der „Figaro“. An der Spitze des staatlichen Versorgers zu stehen, bedeute garantierten Ärger an 365 Tagen im Jahr für ein auf 450000 Euro pro Jahr beschränktes Gehalt, meint auch ein ehemaliger Top-Manager von Électricité de France (EDF). Damit ist klar, dass Luc Rémont alles andere als ein Traumjob erwartet, wenn er nach der für Ende des Monats erwarteten Zustimmung des Parlaments zu seiner Berufung offiziell von Präsident Emmanuel Macron zum neuen Chef des Stromriesen ernannt wird.

Der künftige Chef von EDF müsse sich mit großen industriellen Programmen auskennen, hatte Wirtschaftsminister Bruno Le Maire das Anforderungsprofil umschrieben. Er müsse zudem fähig sein, Kompromisse einzugehen, um den Stromriesen von Grund auf zu reformieren, ohne sich dabei den Ärger der Gewerkschaften und der EU-Kommission in Brüssel einzuhandeln. Das Wirtschaftsministerium hatte deshalb nach einem Kandidaten gesucht, der bereits Erfahrungen in der Industrie mit der Durchführung von komplexen Aufgaben hat. Es soll dabei zunächst an Alstom-Chef Henri Poupart-Lafarge, Thales-Chef Patrice Caine und Stéphane Michel, den rechten Arm von Patrick Pouyanné bei Total Energies, gedacht haben, berichtet die Wirtschaftszeitung „Les Echos“. Doch mehrere Absagen hätten dem Staat vor Augen geführt, dass der Versorger längst nicht mehr das glänzende Image genieße, das er früher hatte.

Am Ende setzte sich Rémont gegenüber Philippe Knoche durch, dem Chef des aus Areva hervorgegangenen Atomkonzerns Orano. Der Absolvent der renommierten Ingenieurhochschule École Polytechnique ist seit 2017 bei Schneider Elec­tric als Generaldirektor für internationale Aktivitäten zuständig.

Der Élysée-Palast hatte während der Suche nach einem Nachfolger für Noch-EDF-Chef Jean-Bernard Lévy zunächst mit dem Gedanken geliebäugelt, künftig die Ämter der operativen Geschäftsführung und des Vorsitzes des Verwaltungsrates voneinander zu trennen. Von dieser Idee hat er jedoch wieder Abstand genommen, da dafür die Unternehmensstatuten geändert werden müssten und eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen werden müsste – und all das mitten während der gerade begonnenen Rückverstaatlichung. Dabei möchte die Regierung, dass bei dem hoch verschuldeten Versorger so schnell wie möglich wieder Ruhe einkehrt.

Kurzfristig bestehe die wichtigste Aufgabe Rémonts darin, dafür zu sorgen, dass Frankreich den Winter gut überstehe, urteilt der „Figaro“. Dafür muss er als Erstes die Probleme des Atomkraftwerksparks von EDF in den Griff bekommen, denn noch immer steht fast die Hälfte der 56 Reaktoren wegen Wartungsarbeiten und Korrosionsanomalien still. Frankreich, das sonst seinen Atomstrom exportiert, muss deshalb derzeit Strom importieren.

Zwar hat Rémont bisher keinen großen Konzern wie EDF geleitet, doch dafür kennt er sich mit dem öffentlichen Staatsdienst in Frankreich aus. Nach dem Studium hat er seine Karriere zunächst in der Rüstungsbeschaffungsbehörde Direction générale de l’armement (DGA) begonnen, bevor er ins Schatzamt wechselte, wo er während der zweiten Amtszeit von Ex-Präsident Jacques Chirac für alle Wirtschaftsminister tätig war – von Francis Mer, Thierry Breton über Hervé Gaymard bis Nicolas Sarkozy. Ironischerweise hat er damals an der Teilprivatisierung von Staatskonzernen wie Aéroports de Paris, Areva und eben auch EDF mitgewirkt. Anschließend wechselte der Reserveoffizier in die Privatwirtschaft, wo er zunächst von 2007 bis 2014 für Bank of America Merrill Lynch tätig war. Der Segelfan, dessen Frau für die staatliche Investitionsbank BPI France arbeitet, ist bekannt dafür, dass ihm das Allgemeinwohl am Herzen liegt. „Für ihn ist die Idee, seinem Land zu dienen, stärker entwickelt als andere Ambitionen“, meint Gilles Vermot Desroches, der bei Schneider Electric für Nachhaltigkeit verantwortlich ist.

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