Großbritannien

Sajid Javid verspricht Rückkehr zur Normalität

Sajid Javid ist genau die Sorte Politiker, von denen die Tories gerne mehr hätten: „British Asians“, die aufstiegsorientiert sind und konservativ denken. Nun kehrt er ins Kabinett von Boris Johnson zurück.

Sajid Javid verspricht Rückkehr zur Normalität

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Der neue britische Gesundheitsminister Sajid Javid (51) hat den Bürgern die Rückkehr zur Normalität versprochen – „so schnell wie möglich“. Das dürfte angesichts steigender Infektionszahlen und Krankenhauseinlieferungen nicht einfach werden, doch anders als sein Vorgänger Matt Hancock (42) hatte der ehemalige Investmentbanker von Anfang an seine Zweifel am Sinn der endlos erscheinenden Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen. Javids Rückkehr kommt überraschend. Schließlich legte der Euroskeptiker sein Amt als Schatzkanzler nach einem Streit mit Boris Johnsons Chefstrategen Dominic Cummings im Februar vergangenen Jahres nieder, nachdem er es gerade einmal 204 Tage bekleidet hatte. Doch gilt er als Freund von Carrie Johnson, die angeblich schon lange auf seine Rückkehr in die Politik dringt. Sowohl Boris als auch Carrie Johnson waren auf der Party zu seinem 50. Geburtstag. Seinen eilends angenommenen Job als Berater von J.P. Morgan wird „The Saj“ für die neue Position im Kabinett allerdings wieder niederlegen müssen.

Der mitunter hölzern wirkende Sohn eines Busfahrers aus Rochdale gehört zu den wenigen Abgeordneten der Konservativen Partei, die aus einfachen Verhältnissen stammen. Zudem ist er genau die Sorte Politiker, von denen die Tories gerne mehr hätten: „British Asians“, die aufstiegsorientiert sind und konservativ denken. Sein Vater Abdul-Ghani Javid kam 1961 nahezu mittellos aus Pakistan nach Großbritannien. 13 Jahre zuvor hatte die Familie bei der Teilung Indiens alles verloren. Sajid Javid besuchte eine Gesamtschule in Bristol und studierte Wirtschaft und Politik an der Universität von Exeter. 1990 verteilte er auf dem Tory-Parteitag Flugblätter gegen eine Mitgliedschaft des Landes im Europäischen Währungssystem. 1997 zog er nach London, drei Jahre später kam er als Director zur Deutschen Bank. Nach vier Jahren bei dem deutschen Institut war er Managing Director. Nach rund zwei Jahrzehnten im Bankgeschäft zog es den Vater von vier Kindern schließlich in die Politik. Gleich unter drei Premierministern – David Cameron, Theresa May und Boris Johnson – florierte seine Karriere. Er war auch schon Kulturminister und Innenminister.

Matt Hancock war am Samstag zurückgetreten, nachdem ein Video auftauchte, das ihn in inniger Umarmung mit seiner Beraterin und ehemaligen Kommilitonin Gina Coladangelo zeigt. Nach immer neuen Pleiten, viel Pech und noch mehr Pannen bei der Pandemiebekämpfung eröffnete dem politischen Überlebenskünstler dieser Verstoß gegen die Kontaktbeschränkungen, die er seinen Mitbürgern verordnet hatte, die Chance auf einen halbwegs würdevollen Abgang. Das könnte Hancock einmal die Möglichkeit einer Rückkehr in höchste Ämter eröffnen. Besser, als in Schimpf und Schande gefeuert zu werden, ist es allemal. Zuerst will sich der Vater dreier Kinder jedoch scheiden lassen.