Emissionsfreies Fahren

Sono Motors ist für die Gründer eine Berufung

Nach dem Börsengang haben die Vorstandschefs Laurin Hahn und Jona Christians den Rücken frei für die kommenden Aufgaben. Im übernächsten Jahr soll die Produktion ihres Solarelektrofahrzeugs beginnen.

Sono Motors ist für die Gründer eine Berufung

Von Joachim Herr, München

Der Börsengang an die Nasdaq vor drei Wochen ist Sono Motors gelungen. Dank des Emissionserlöses von netto 137 Mill. Euro haben die zwei Gründer und Vorstandsvorsitzenden Laurin Hahn (27) und Jona Christians (28) sowie ihre 250 Mitarbeiter den Rücken frei für die nächsten Aufgaben. Der Börsengang sei ein Meilenstein, sagt Christians im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Damit sei jedoch der Druck gewachsen, die nächsten Ziele zu erreichen. „Jetzt fokussieren wir uns auf zwei Dinge: die Fertigstellung der nächsten Generation der Prototypen, bestehend aus Serienkomponenten, und auf den Ausbau unseres Solargeschäfts.“

Der Sion, wie das von Sono Motors entwickelte Auto heißt, ist ein Solarelektrofahrzeug, das der Auftragsfertiger Nevs in Schweden produzieren soll. Das aus den Resten von Saab hervorgegangene Unternehmen gehört zum schwer angeschlagenen chinesischen Immobilienkonzern Evergrande, der einen Käufer für Nevs sucht. Sono Motors geht aber nach wie vor davon aus, dass die Produktion wie geplant im ersten Halbjahr 2023 beginnen kann. 16000 Reservierungen gibt es nach Angaben des Unternehmens für das Auto zum Verkaufspreis von 28 500 Euro.

Angefangen hatte alles im Jahr 2012 in einer Garage mit dem Umbau eines Renault Twingo. 2016 gründeten die Freunde das Unternehmen in München. Navina Pernsteiner ist die Dritte im Bunde, bis heute Gesellschafterin, aber seit gut einem Jahr ohne operative Aufgaben in der Firma. Christians und Hahn brachen für ihr großes Projekt das Studium ab: „Wir haben gemerkt, unser Fokus liegt auf Sono und da wollen wir unsere Energie reinstecken.“

3000 Materialien ausprobiert

Fünf Jahre arbeitete Sono Motors an der Entwicklung. 3000 Materialien seien allein für die Solarpanele ausprobiert worden. „Der Schmelzpunkt aus Solar-, Digital- und Autobranche treibt bei uns die Innovation voran“, meint Christians. Diese Segmente zusammenzubringen sei das Innovative von Sono Motors.

Seit 2016 bauen die Gründer die Belegschaft auf und aus und holten sich Wissen aus der Solar- und Fahrzeugbranche ins Unternehmen. „Leute mit 20 Jahren Berufserfahrung kommen zu uns und blühen nochmals auf“, sagt Christians. Die Zahl von derzeit 250 Mitarbeitern werde sich bis zum geplanten Produktionsstart im übernächsten Jahr verdoppeln.

Auf die Frage, wie das noch junge Unternehmen erfahrene Experten gewinnt, sprudelt es aus Christians heraus: „Das ist das Gefühl, etwas verändern zu können und das große Ganze im Blick zu haben.“ Es gehe um mehr als um ein Auto. „Es geht um die Vision einer Welt ohne fossile Energien.“ Sono sei für viele im Unternehmen eine Berufung – nicht nur für die Gründer.

Die beiden Vorstandschefs sprechen bereitwillig über wirtschaftliche Ziele, aber auch über ihre Motivation für Veränderungen im Straßenverkehr und für den Umwelt- und Klimaschutz: „Wir wollen Vorbild sein, wie individueller Mobilitätsbedarf im Einklang mit der Natur gelebt werden kann“, erzählt Laurin Hahn. Sein Anspruch klingt ambitioniert: „Wir wollen für Themen wie Sharing, Solarmobilität und für kostengünstige E-Mobilität Vorreiter sein.“

Der beschleunigte Wandel in der Autoindustrie gibt ihrem Geschäftsmodell zweifelsohne Auftrieb. Auch die Folgen des Dieselskandals und der Erfolg von Tesla kommen Sono Motors zugute. „Wir sind der Auffassung, Verbrennermotoren sind die Vergangenheit, Elektrofahrzeuge die Gegenwart und Solarelektrofahrzeuge die Zukunft“, fasst es Hahn in einem Satz zusammen. In der Branche fühlen sie sich jedenfalls akzeptiert: „Zulieferer wie Continental, mit denen wir seit mehreren Jahren zusammenarbeiten, nehmen uns natürlich ernst“, meint Christians.

„Auch einen Plan B“

Im Emissionsprospekt warnte das Unternehmen davor, ohne den Erlös aus dem Börsengang im Dezember insolvent zu werden (vgl. BZ vom 19. November). „Natürlich hatten wir auch einen Plan B“, sagt Christians. „Es wäre nicht das Ende von Sono gewesen.“ Er erinnert an die früheren Finanzierungsrunden, mit denen ein Meilenstein nach dem anderen erreicht worden sei. Ein Risiko gebe es für Unternehmer immer, aber das lasse sich reduzieren.

Das Risiko teilen jetzt auch die Aktionäre. Nach dem fulminanten Start an der Nasdaq mit einem Schlusskurs von 38,20 Dollar am ersten Tag ist der Wert mittlerweile auf den Emissionspreis von 15 Dollar gerutscht, die Marktkapitalisierung schwankt um 1 Mrd. Dollar.