Daniela Favoccia, Hengeler Mueller

ESG-Reporting unterliegt nationalem Enforcement

Die Unternehmen in der EU sind zum ESG-Reporting aufgefordert. Die BaFin hat als nationale Bilanzprüfstelle ein Auge darauf.

ESG-Reporting unterliegt nationalem Enforcement

Frau Dr. Favoccia, die EU-Mitgliedstaaten haben eine vorläufige politische Einigung über die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen erzielt. Die Stakeholder fordern verlässliche Informationen ein. Die Rede ist von einer Zertifizierungspflicht. Was ist darunter zu verstehen?

Es geht bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung ja darum, den Aktionsplan der EU-Kommission zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums auch auf Unternehmensebene umzusetzen. Kapitalströme sollen zu nachhaltigen Investitionen gelenkt, Transparenz und Langfristigkeit sollen bei finanziellen und wirtschaftlichen Aktivitäten gefördert werden. Die notwendige Transparenz auf Unternehmensebene erfordert eine entsprechende Berichterstattung und darüber hinaus auch deren verlässliche externe Überprüfung. Hier kommt die Zertifizierung durch einen unabhängigen Prüfer ins Spiel.

Darf der Abschlussprüfer des Unternehmens auch den Nachhaltigkeitsbericht prüfen oder muss ein zweiter Prüfer beauftragt werden? Muss es ein vereidigter Wirtschaftsprüfer sein?

Nach dem nunmehr vorliegenden Trilog-Kompromiss haben die Mitgliedstaaten ein Wahlrecht. Die Prüfung des Nachhaltigkeitsberichtes kann durch den Abschlussprüfer durchgeführt werden, der auch die „reguläre“ Abschlussprüfung vornimmt. Alternativ können unterschiedliche Prüfer für die Durchführung der regulären Abschlussprüfung und für die Überprüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung zum Einsatz kommen. Den Mitgliedstaaten steht zudem frei, neben vereidigten Wirtschaftsprüfern auch unabhängige Anbieter von Bestätigungsdienstleistungen zuzulassen. Solche Drittanbieter müssten dann lediglich bestimmten beruflichen Mindeststandards im Hinblick auf ihre fachliche Eignung und Unabhängigkeit unterliegen.

Wie umfangreich muss die Prüfung sein?

Es ist eine inhaltliche Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung vorzunehmen. Der Umfang der Überprüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung wird in Prüfungsstandards festgelegt. Die Prüfberichte müssen den Prüfungsstandard, nach dem die Prüfung durchgeführt wurde, ausdrücklich nennen.

Welche Prüfungsstandards sind vorgegeben?

Die Prüfer müssen die Ergebnisse der Überprüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung in einem Bestätigungsbericht darlegen. Zunächst ist vorgesehen, dass Unternehmen ihren Nachhaltigkeitsbericht mit begrenzter Sicherheit – „limited assurance“ –  prüfen lassen. Nach der Entwicklung eines EU-Prüfungsstandards soll dann gegebenenfalls eine Prüfung mit hinreichender Sicherheit – „reasonable assurance“ –  Pflicht werden. Hierbei können die Mitgliedstaaten nationale Standards, Verfahren oder Anforderungen für die Prüfung so lange anlegen, wie die Kommission keinen Standard für denselben Bereich vorgibt. Derlei Standards liegen national und international durchaus schon vor. Im Rahmen der CSRD wird der Kommission jedoch die Befugnis übertragen, im Wege von delegierten Rechtsakten bis zum 1. Oktober 2026 Standards für die begrenzte Prüfungssicherheit – „limited assurance“ –  zu erlassen. Bis zum 1. Oktober 2028 können nach vorheriger Bewertung, ob eine Prüfung mit hinreichender Sicherheit machbar ist, zudem Standards für eine Prüfung mit hinreichender Prüfungssicherheit erlassen werden.

Hat die BaFin als Bilanzprüfstelle den Nachhaltigkeitsbericht genauso intensiv unter die Lupe zu nehmen wie die bisherige Rechnungslegung?

Mit der Einführung einer verpflichtenden inhaltlichen Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung durch die CSRD unterliegt diese bei kapitalmarktorientierten Unternehmen dann auch dem nationalen Enforcement. Nachdem das frühere zweistufige Prüfverfahren durch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz abgeschafft wurde, ist dafür – nur –  die BaFin als nationale Prüfstelle für die behördliche Überprüfung zuständig. Hierfür soll die ESMA Empfehlungen für das Enforcement auf nationaler Ebene verabschieden.

Dr. Daniela Favoccia ist Partnerin bei Hengeler Mueller in Frankfurt sowie Mitglied der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex.

Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.

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