Bankenturbulenzen

Krisenangst

Die Bankenturbulenzen und damit verbundene Angst vor einer großen Finanzkrise haben den Aktienmarkt fest im Griff. Eine Beruhigung scheint vorerst nicht in Sicht.

Krisenangst

Hoffnungen, dass nach dem entschlossenen und zupackenden Handeln von Regierungen und Zentralbanken beziehungsweise der Notrettung der Credit Suisse wieder Ruhe an den Aktienmärkten einkehrt, haben sich vor dem Wochenende gründlich zerschlagen. Der Dax ist am Freitag wieder deutlich unter die Marke von 15000 Zählern bis auf 14810 Punkte gefallen, gedrückt von der nach wie vor bestehenden Angst, dass die mit dem Kollaps der Silicon Valley Bank begonnenen Turbulenzen weitere Finanzinstitute in Bedrängnis bringen und sich zu einer neuen großen Finanzkrise auswachsen könnten. Wenig verwunderlich standen erneut vor allem Bankaktien unter Druck, der Stoxx Europe Banks fiel bis auf 136 Punkte und hat damit seit dem 9. März bis zu 18% eingebüßt. Kommt da noch mehr, schlummern bei weiteren Finanzinstituten kritische Risiken, geraten noch mehr Adressen in den Strudel?

Die Nerven liegen blank

Die Nerven liegen blank, selbst eigentlich Beruhigendes schafft es nicht, dem Misstrauen entgegenzuwirken, wie das Beispiel Deutsche Bank zeigt. Vor dem Wochenende weiteten sich die CDS (Credit Default Swaps) um mehr als 20 Basispunkte auf über 210 Basispunkte aus, die Aktie büßte in der Spitze nahezu 15% ein und schloss mit einem Verlust von 8,5%. Dabei hat das Institut mitgeteilt, dass es eine nachrangige Tier-2-Anleihe im Volumen von 1,5 Mrd. Euro zum Fälligkeitstermin am 24. Mai vorzeitig zurückzahlen wird. Die Aktie war allerdings auch nicht allein. Sehr starke Kurseinbußen erlitten auch die Aktien skandinavischer Institute, darunter Sydbank (−10,9%), sowie der französischen Großbanken Société Générale und BNP Paribas, die 6,1% und 5,3% verloren. Commerzbank (−5,5%) reihten sich in der Liste der stärksten Dax-Verlierer gleich hinter der Deutschen Bank ein.

Auch die Versuche von Regierungen und Zentralbanken, die Marktteilnehmer mit dem Hinweis zu beruhigen, dass der Bankensektor in guter Verfassung sei und sie in der Lage und willens seien, gegebenenfalls stabilisierend einzugreifen, fruchten bislang nicht. Das gilt auch für die Ausführungen vieler Experten, denen zufolge die aktuelle Situation mit der Großen Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 nicht zu vergleichen und Ähnliches nicht zu erwarten sei. Dem ist auch zuzustimmen, unter anderem, weil infolge jener Krise die Regulierung des Sektors erheblich verschärft wurde und die Kapitalausstattung der Banken wesentlich besser ist als seinerzeit.

Dennoch ist nicht davon auszugehen, dass sich der Markt sehr zeitnah beruhigen wird. Vielmehr ist mit einer Phase anhaltender Nervosität und damit auch anhaltend starken Kursschwankungen zu rechnen und eine Stabilisierung erst dann zu erwarten, wenn in nächster Zeit – hoffentlich – weitere Hiobsbotschaften aus dem Bankensektor ausbleiben.

Umso wichtiger – und sinnvoller als das Rekurrieren auf die Große Finanzkrise – ist die Analyse der Ursachen der aktuellen Turbulenzen. An erster Stelle zu nennen ist die brutale globale geldpolitische Kehrtwende des zurückliegenden Jahres. Getrieben von der hochschießenden Inflation haben die Zentralbanken die Leitzinsen in hohem Tempo in einem Ausmaß erhöht, das seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen worden ist. So etwas kann nicht ohne Wirkung auf die Realwirtschaft und die Finanzbranche bleiben. Unabhängig von Management-Fehlern hat die Silicon Valley Bank das deutlich gezeigt. Das Institut hat im Niedrigzinsumfeld in großem Stil in Anleihen mit langen Laufzeiten investiert und musste diese dann mit erheblichen Verlusten veräußern.

Experten sehen in den Bankturbulenzen denn auch unbeabsichtigte Folgen des aggressiven Straffungskurses der Zentralbanken, dessen volle Wirkung auf die Realwirtschaft noch abzuwarten ist. Und diese Konsequenzen sind beileibe nicht auf den Bankensektor beschränkt. Stark betroffen ist unter anderem auch die Immobilienbranche, in der teilweise hoch verschuldete Unternehmen mit höheren Finanzierungskosten bei gleichzeitig sinkenden Immobilienpreisen, die Wertkorrekturen nach sich ziehen, konfrontiert sind.

Aktien der Immobilienbranche sind denn auch in diesem Jahr bislang die großen Verlierer des deutschen Aktienmarktes. Mit einer Einbuße von rund 24% ist Vonovia mit weitem Abstand der schwächste Wert des Dax. Nicht viel besser geht es der Aroundtown, deren Börsenkürzel ausgerechnet auf „AT1“ lautet und die mit einem Verlust von nahezu 33% der zweitschwächste Titel des MDax ist.

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