Inflation

Wirtschaftsweise zweifelt Scholz-Vorstoß an

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm sieht den Vorstoß von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für eine konzertierte Aktion gegen die hohe Inflation kritisch. Insgesamt stößt die Initiative laut einer Umfrage der Börsen-Zeitung bei Ökonomen auf ein geteiltes Echo.

Wirtschaftsweise zweifelt Scholz-Vorstoß an

ms Frankfurt

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm sieht den Vorstoß von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für eine konzertierte Aktion gegen die hohe Inflation kritisch. „Die ,konzertierte Aktion‘ kann auch dafür sorgen, dass jeder die Verantwortung zum anderen schiebt. Das wäre eher bedenklich“, sagt Grimm in einer Umfrage der Börsen-Zeitung unter führenden Ökonomen und Wissenschaftlern. „Ein schlanker Prozess ohne Öffentlichkeit dürfte eher zu kurzfristigen Lösungen und Mitnahmeeffekten führen, die heute Härten abfedern, aber langfristige Chancen verbauen.“ Insgesamt stößt Scholz’ Initiative laut der Umfrage auf ein geteiltes Echo.

Scholz hatte am Mittwoch bei der Generaldebatte im Bundestag gesagt, dass er jetzt mit Gewerkschaften und Arbeitgebern beraten wolle, wie mit der hohen Inflation umgegangen werden soll. In Deutschland ist diese im Mai nach EU-Berechnung (HVPI) von zuvor 7,8% auf 8,7% gesprungen. In nationaler Rechnung (VPI) ging es von 7,4% auf 7,9% nach oben – der höchste Stand seit der Ölkrise im Winter 1973/1974. Die starken Preissteigerungen in Deutschland stellen immer mehr Menschen vor große, teils existenzielle Probleme. Die große Sorge gilt nun vor allem einer Lohn-Preis-Spirale.

Grimm, die dem Sachverständigenrat für Wirtschaft seit 2020 angehört, warnt nun: „Wenn – zum Beispiel, weil die Märkte und die Verbraucher nicht an den Erfolg glauben – die Inflationserwartungen steigen, dann wird es für die EZB noch schwieriger, die Inflation einzufangen, ohne eine Rezession auszulösen. Der Versuch einer Koordination kann also wertvolle Zeit kosten. Eine zeitnahe Straffung der Geldpolitik ist unumgänglich, um die Inflation zu bekämpfen.“

Auch andere Ökonomen richten den Blick vor allem auf die Europäische Zentralbank (EZB), die zwar inzwischen eine raschere Zinswende avisiert, aber immer noch zögerlicher reagiert als andere Notenbanken weltweit. „Am Ende ist Inflation ein monetäres Phänomen. Die EZB muss ihre Leitzinsen viel schneller anheben, als es EZB-Präsidentin Christine Lagarde vor kurzem in Aussicht gestellt hat“, sagt etwa Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank.

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