Fluggesellschaften

Airlines haben schwer zu kämpfen

Die Nachfrage nach Flugreisen ist hoch, aber Fluggesellschaften kämpfen mit hohen Ausgaben für Kerosin und Personal. Das gefährdet nach Ansicht der Ratingagentur Scope die wirtschaftliche Gesundung der europäischen Airline-Branche.

Airlines haben schwer zu kämpfen

lis Frankfurt

Hohe Treibstoffpreise und steigende Personalkosten gefährden die wirtschaftliche Gesundung der europäischen Fluggesellschaften. Zu diesem Ergebnis kommt die Ratingagentur Scope in einer Studie zur Branche. Verschärft wird die Lage durch die operativen Probleme, mit denen die Fluglinien in der laufenden Sommersaison zu kämpfen haben – sie sorgen unter anderem dafür, dass höhere Ticketpreise, über die die Verbraucher an der Kostensteigerung beteiligt werden sollen, nicht immer durchgesetzt werden können. Weil zudem an manchen Airports Flüge gestrichen werden müssen, um den Betrieb zu stabilisieren, fallen Erlöse weg.

Die Ausgaben für Treibstoff und Kerosin sind die größten Kostenblöcke für die Unternehmen. In den vergangenen Jahren war es aber in der Regel so, dass jeweils nur eine dieser Aufwandspositionen gestiegen ist. In diesem Jahr klettern beide in die Höhe – die Kosten für Kerosin wegen des explodierten Ölpreises und die für Personal angesichts der horrenden Inflation und wegen des weit verbreiteten Fachkräftemangels.

Hohe Lohnforderungen

Die Treibstoffkosten erreichten laut Scope im ersten Quartal 2022 einen Anteil von 30% am Umsatz und werden weiter steigen, so die Analysten. Der Anteil der Personalkosten an den Einnahmen ging zwar zunächst zurück, als sich das Geschäft nach der Pandemie erholte. Allerdings registrieren die Unternehmen bereits hohe Lohnforderungen, viele Gewerkschaften sind streikbereit, so dass auch dieser Aufwandsposten deutlich steigen dürfte. Die Analysten von Scope erachten es als „unwahrscheinlich“, dass das Niveau von 20% der Umsätze für Personalausgaben aus der Zeit vor der Coronakrise Bestand haben wird.

Bei der Kerosinrechnung hat zudem der Mangel an freien Raffineriekapazitäten bei zunehmendem Flugverkehr die Spanne zwischen Rohöl- und Kerosinpreisen vergrößert, so dass die Ausgaben für Flugbenzin überproportional gestiegen sind. Während der in Dollar gemessene Ölpreis in letzter Zeit zurückgegangen ist, sind die Kerosinpreise in Euro in diesem Jahr immer noch um mehr als 80% gestiegen, rechnet Scope vor. Die Fluggesellschaften überdenken angesichts der aktuellen Entwicklung ihre Treibstoff-Absicherungsstrategie, allerdings wird das Sicherungsgeschäft durch die viel kürzeren Buchungszyklen er­schwert, die eine Vorhersage des Treibstoffbedarfs erschweren.

In Bezug auf das Personal leiden Fluggesellschaften und Flughäfen seit Monaten unter einem gravierenden Fachkräftemangel – dieser geht zum einen auf die insgesamt angespannte Lage am Arbeitsmarkt zurück, ist aber teilweise auch hausgemacht. Während der Pandemie wurden zu viele Mitarbeiter entlassen, gleichzeitig wurde das Tempo der Erholung im Reisegeschäft unterschätzt. Das erhöht die Verhandlungsmacht von Piloten, Kabinen- und Bodenpersonal, die einen Ausgleich für ihre stark gestiegenen Lebenshaltungskosten fordern. Mehrere Fluggesellschaften wurden daher bereits bestreikt und auch der Lufthansa könnte ein heißer Herbst bevorstehen.

Da angesichts der Zinsentwicklung auch die Kosten für den Schuldendienst steigen, werden Cashflow und Rentabilität der Fluglinien trotz des Nachholbedarfs an Flugreisen im Sommer unter Druck gesetzt, fürchten die Ratingexperten von Scope. „Wir gehen davon aus, dass die Ebitda-Margen 2022 bei den traditionellen Fluggesellschaften bei über 5% und bei den Billigfluggesellschaften leicht darüber liegen werden, auch wenn die Visibilität weiterhin sehr gering ist.“ Zwar sei die Nachfrage derzeit stark, doch sei unklar, wie beständig sie nach dem Sommer angesichts der steigenden Inflation, der Herausforderungen bei den Treibstoff- und Arbeitskosten und der anhaltenden geopolitischen Bedenken sein wird. „Die Stückkosten werden sich nur schwer eindämmen lassen, so dass der Weg zur Erholung auf das Niveau vor der Krise für einige Fluggesellschaften sehr steinig sein könnte.“

Erste Opfer hat die angespannten Situation bereits gefordert. Die skandinavische SAS musste Gläubigerschutz nach Chapter 11 (US-Recht) beantragen. Alles in allem sorgt aber die europäische Politik dafür, dass große Fluglinien nicht pleitegehen – das war auch während der Pandemie so. Damit werde aber das langfristige Problem der europäischen Branche, die starke Fragmentierung, zementiert, kritisiert Scope.

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