Stefan Klebert, Gea

„Alternative Proteine sind ein großer Markt“

Der Düsseldorfer Anlagenbauer Gea will mit seinem Know-how in der traditionellen Lebensmittelherstellung künftig stärker vom wachsenden Markt für alternative Eiweißprodukte profitieren. Bis zum Jahr 2026 soll sich die Nachfrage in dem Bereich mehr als verdreifachen.

„Alternative Proteine sind ein großer Markt“

Von Karolin Rothbart, Frankfurt

Der auf die Lebensmittelindustrie spezialisierte Maschinenbauer Gea rechnet sich durch die zunehmende Relevanz tierfreier Ernährung klare Wachstumschancen für die Zukunft aus. „Wir sehen im Bereich der alternativen Proteine einen großen Absatzmarkt für uns“, sagte Konzernchef Stefan Klebert der Börsen-Zeitung am Rande einer Studienvorstellung zu dem Thema. Die Ernährung von 10 Milliarden Menschen, die laut der UN im Jahr 2050 auf der Welt leben werden, sei ohne den flächendeckenden Durchbruch eiweißhaltiger Produkte auf Pflanzen-, Zell- und Insektenbasis nicht zu bewerkstelligen, zumindest nicht auf nachhaltige Weise. „Am Ende braucht der Mensch Proteine für das Muskelwachstum“, sagte Klebert.

Die Studie, die Gea bei dem Marktforschungsunternehmen Lindberg International in Auftrag gegen hatte, zeigt, dass Chefköche als Wegbereiter von neuartigen Lebensmitteln diese schon vielfach in ihre Arbeit mit einbeziehen. So gaben von 1002 be­fragten Chefköchen aus elf Ländern 90 % an, Fleisch- und Milchalternativen bereits in der Küche einzusetzen. Mehr als ein Drittel tut dies sogar in hohem Maße. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Kunden, also Restaurantbesucher, die aus Sicht von 90 % aller Chefköche schon jetzt verstärkt nach Fleisch- und Milchalternativen fragen. Fast alle rechnen damit, dass das Interesse an pflanzlichen Proteinen in den nächsten zehn Jahren noch wachsen wird. In der Folge erwartet die Mehrheit der Köche, dass im Jahr 2040 in ihren jeweiligen Ländern mindestens ein Viertel aller Lebensmittel aus alternativen Proteinen stammen wird.

Als Hersteller von Maschinen zur industriellen Lebensmittelproduktion rechnet der Klebert entsprechend auch bei Gea mit einer wachsenden Nachfrage. „Wir wollen bis zum Jahr 2026 mit unserer neuen New-Food-Geschäftseinheit einen Auftragseingang von 400 Mill. Euro erreichen“, sagte Klebert. 2021 lag der Auftragseingang in dem Bereich noch bei gut 120 Mill. Euro − im Verhältnis zum konzernweiten Volumen von damals gut 5 Mrd. Euro ist es also noch ein kleines Pflänzchen.

Ob und wann der Bereich künftig eine größere Rolle im Portfolio spielen wird, sei derzeit noch nicht klar abzusehen. „Man kann solche Entwicklungen im Markt nicht bis ins Detail vorhersagen“, sagte Klebert. „Es gibt dabei viele Fragen, etwa wie schnell die Technologie vorankommt, wie hoch die Kundenakzeptanz ist oder wie es um die Zulassungen in den entsprechenden Märkten steht. Je nachdem, wann und wo welcher Durchbruch erfolgt, kann sich auch noch vieles beschleunigen.“

Für Gea selbst seien die technologischen Herausforderungen in der Sache gar nicht so viel anders als wie bei den konventionellen Anlagen zur Lebensmittel- und Pharmaproduktion. „Es geht beispielsweise viel um Präzisionsfermentierung, dieses Know-how haben wir auf unserem Pharmazie-Bereich“, erklärte Klebert. „Auch andere bekannte Technologien wie Separieren, Homogenisieren oder eben Zellkultivierung im Bioreaktor kommen zum Einsatz. Deswegen ist es auch nicht so, dass wir jetzt komplett neue New-Food-Maschinen anbieten.“ Stattdessen seien die Maschinen individuell für den Kunden angepasst.

Dass der Anteil alternativer Proteine am weltweiten Markt künftig noch zunehmen wird, erwarten neben den befragten Köchen auch Experten der Boston Consulting Group und der Investmentfirma Blue Horizon. Haben diese Lebensmittel im Jahr 2020 noch 2 % vom globalen Verbrauch ausgemacht, so dürften es 2035 im Basisszenario demnach schon 11 % sein. Auf 290 Mrd. Dollar taxieren die Marktforscher das bis dahin zu erwartende Umsatzvolumen. Die Entwicklung hänge dabei maßgeblich vom Preis ab, sagt Klebert. „Wenn das Produkt toll schmeckt und gesund ist − aber das Doppelte kostet −, wird das nicht funktionieren. Sondern es wird dann in die Skalierung gehen und die Welt verändern, wenn der Punkt erreicht ist, an dem es maximal dasselbe kostet, wie heute die konventionellen Proteine.“ Die in der Studie befragten Köche sind hier zuversichtlich. Die Mehrheit hält neuartige Lebensmittel im Vergleich zu konventionell erzeugten schon heute hinsichtlich der Kosten für wettbewerbsfähig.

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