EU-Klimapaket

Autoindustrie macht gegen EU-Pläne mobil

Mitte Juli legt die EU-Kommission ein Gesetzespaket vor, das eine Reihe von Verordnungen an die neuen Klimaziele der Staatengemeinschaft anpassen soll. Auch die Grenzwerte für den CO2-Ausstoß von Neuwagen werden verschärft. Erste Überlegungen aus Brüssel versetzen die Autoindustrie in Alarmstimmung.

Autoindustrie macht gegen EU-Pläne mobil

ahe/sp/sck Brüssel/Berlin – Es gibt bislang keine offiziellen Aussagen zu den Plänen der EU-Kom­mis­si­on für schärfere CO2-Grenz­werte bei Neuwagen. Die über das Politmagazin „Politico“ gestreuten Überlegungen aus Brüssel, den Grenzwert von derzeit 95 Gramm pro Kilometer bis 2030 um 60% zu senken und bis 2035 auf null herunterzufahren, haben trotzdem ausgereicht, die deutsche Automobilwirtschaft am Donnerstag in Alarmstimmung zu versetzen. „Das wäre nicht nur das Ende des Verbrennungsmotors, sondern auch das Ende der Plug-in-Hybriden und ist das Gegenteil von Technologieoffenheit, zu welcher sich die Kommission und ihr Vizepräsident Timmermans immer bekannt haben“, wetterte Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Deutschen Automobilindustrie (VDA) in einer ersten Reaktion. Die Autobauer BMW und Daimler wollten sich auf Anfrage dazu nicht näher äußern. Ein Sprecher des Münchner Konzerns verwies auf die Presseerklärung des VDA. Das Stuttgarter Dax-Unternehmen tat das ebenfalls.

Mitte Juli will die Kommission unter dem Titel „Fit for 55“ ein Gesetzespaket vorstellen, mit dem zahlreiche Verordnungen an das neue Ziel einer EU-weiten Reduktion der Klimagasemissionen gegenüber 1990 um 55% bis 2030 angepasst werden. Auch das bisherige Ziel einer Reduktion des CO2-Grenzwerts um 37,5% bis 2030, gegen das die Automobilindustrie ebenfalls Sturm gelaufen war, bevor es 2018 zu einer Einigung kam, soll vor dem Hintergrund gestiegener Ambitionen im Klimaschutz verschärft werden.

Die Kommissionsbeamten steckten noch mitten in den Beratungen über die Vorschläge zum Gesetzesentwurf, wie „Politico“ in ihrem Bericht schreibt. Noch seien in dem Entwurf auch gar keine konkreten Zahlen enthalten, heißt es unter Berufung auf zwei nicht näher genannte Quellen weiter. Beim VDA nimmt man die „Überlegungen“ zu den neuen Reduktionszielen offenbar dennoch sehr ernst.

„Die Beschränkung der Technologien innerhalb eines so kurzen Zeitraums auf eine einzige Antriebsoption ist bedenklich und berücksichtigt die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher in keiner Weise“, erklärte VDA-Chefin Müller. Die European Association of Automotive Suppliers, der europäische Dachverband der Automobilzulieferer, warnte ebenfalls vor dem Ende des Verbrennermotors: „Je steiler das Ziel ist, ohne die Anerkennung von Kraftstoffen aus Erneuerbaren, desto näher kommt man einem De-facto-Bann des Verbrennungsmotors“, erklärte Sigrid de Vries, Generalsekretärin des Verbandes.

Die Automobilindustrie investiere bis 2025 rund 150 Mrd. Euro in die Transformation Richtung klimaneutraler Mobilität und leiste damit einen konstruktiven Beitrag zur Erreichung der Klimaziele, betonte Müller. Auf der anderen Seite habe die EU bisher weder eine Folgenabschätzung der wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Transformation durchgeführt und kümmere sich auch nicht darum, dass der Aufbau der Ladeinfrastruktur für Elektroautos in allen Mitgliedsstaaten der EU ernst genommen werde. Tatsächlich zeigen Zahlen der Bundesnetzagentur zur Entwicklung des Verhältnisses von Elektrowagen pro Ladepunkt in Deutschland, dass der Aufbau der Infrastruktur mit den Neuzulassungen von E-Autos zuletzt nicht Schritt halten konnte (siehe Grafik). Um das Ziel von einer Million Ladepunkten bis 2030 zu erreichen, wäre der Aufbau von rund 2000 Ladepunkten pro Woche erforderlich, während derzeit nur etwas mehr als 200 pro Woche ans Netz gehen.

Kein Zwischenziel für 2027

Die Kommission denke über Möglichkeiten nach, die Grenzwerte mit Anforderungen an den Ausbau der Infrastruktur zu verknüpfen, schreibt „Politico“. Die in Brüssel diskutierten Pläne sähen außerdem vor, das Zwischenziel bis 2025 – eine Reduktion des Grenzwerts um 15% –, nicht anzutasten. Ein Zwischenziel bis 2027, das zuletzt vor allem von den Grünen gefordert wurde, sei derzeit nicht vorgesehen, heißt es mit Verweis auf eine der zitierten Quellen.