Börsengang

Berenberg erwartet Comeback der IPO-Märkte

Wer wissen will, was nach einem Absturz des Marktes für Aktienemissionen wie im Jahr 2022 zu erwarten ist, sollte sich in der Vergangenheit umschauen, meint Bastian Schiedat vom Bankhaus Berenberg.

Berenberg erwartet Comeback der IPO-Märkte

cru Frankfurt

Die wenigen Börsengänge, die es 2022 in Europa gab, haben sich im Mittelwert um 13 % besser entwickelt als ihre jeweiligen Indizes. Am besten schnitt Gram Car Carriers aus Norwegen mit einem Kursplus von 200 % ab. Das geht aus den Daten hervor, die die Bank Berenberg zusammengetragen hat.

Doch wie geht es weiter? Und wie lange wird die Erholung vom tiefen Absturz dauern? „Das beste Barometer für die Gesundheit der Eigenkapitalmärkte ist in der Regel der IPO-Markt, da er diejenige Komponente des Marktes für Aktienemissionen ist, die am empfindlichsten auf die Marktbedingungen reagiert und daher auch der beste Indikator für das Vertrauen in Aktienemissionen“, meint Bastian Schiedat, Head of Continental European Syndicate bei Be­ren­berg. „Seit 1995 lag der Medianwert der IPO-Emissionen in Europa bei etwa 25 Mrd. Euro pro Jahr, und im Jahr 2022 lagen wir etwa 50 % darunter.“ Ein Blick zurück auf die Dotcom-Blase zeige, dass es drei Jahre dauerte, bis sich der IPO-Markt wieder erholte, als eine Baisse den Stoxx 600 von April 2000 bis März 2003 um 60 % einbrechen ließ.

In diesem Zeitraum sank das Volumen der Börsengänge 2001 um 63 %, 2002 um 70 % und 2003 um weitere 43 % gegenüber dem Vorjahr. Insgesamt gingen die europäischen IPO-Emissionen von 95 Mrd. Euro im Jahr 2000 – was immer noch ein Rekordhoch ist – auf 6 Mrd. Euro 2003 zurück, ein Rekordtief zu dieser Zeit.

Nach dem Tiefpunkt im ersten Halbjahr 2003, als nur vier IPOs auf den Markt kamen, dauerte es bis zum Jahresende 2003, bis eine Trendwende auf dem IPO-Markt einsetzte, die zu vier Quartalen mit zweistelligen Zahlen von IPOs und einem Jahr mit einem Emissionsvolumen von fast 26 Mrd. Euro führte. Nach dem ersten Rückgang des IPO-Volumens im ersten Quartal des Jahres 2001 dauerte es zwölf Quartale, bis das IPO-Volumen wieder ein normales Niveau erreichte – im ersten Quartal des Jahres 2004.

In der Rezession 2007/08 war die Trendwende schneller, wenn auch mit einem ähnlichen Rückgang um 60 % auf den Aktienmärkten. Der IPO-Markt brach im ersten Quartal 2008 mit nur vier Börsengängen zusammen, und es dauerte sieben Quartale, bevor der IPO-Markt wieder ansprang – mit 16 Börsengängen und einem Emissionsvolumen von fast 6 Mrd. Euro im ersten Quartal 2010. Trotz der Verbesserung dauerte es bis zum vierten Quartal 2010, bis der IPO-Markt wieder über die durchschnittliche jährliche Emissionsrate von 25 Mrd. Euro zurückkam, also insgesamt zehn Quartale für die Rückkehr zur Normalität.

Nach dem nächsten Einbruch im vierten Quartal 2011 mit einem ähnlichen Rückgang der Aktienmärkte um 20 % wie er im Jahr 2022 zu beobachten war, kam es zu einer viel schnelleren Trendwende mit nur vier Quartalen, in denen die IPO-Emissionen stark gehemmt waren. „Unserer Ansicht nach hat der Bärenmarkt des Jahres 2022 viel mehr Gemeinsamkeiten mit dem Jahr der Staatsschuldenkrise 2011 als mit der globalen Finanzkrise 2008, als das gesamte globale Finanzsystem am Abgrund stand“, kommentiert Schiedat. „Bis jetzt haben wir vier Quartale stotternde IPO-Aktivität hinter uns, so dass das Beispiel von 2011 darauf hindeutet, dass der größte Teil der Wartezeit fast vorbei ist.“

Europas Aktien sind jetzt etwa 11 % von ihren Allzeithochs entfernt – und seit 1995 wurde für 70 % der Börsengänge an Tagen der Preis festgestellt, an denen der Stoxx 600 weniger als 10 % vom vorherigen Fünfjahreshoch entfernt war. „In Anbetracht dessen und mit einem Volatilitätsindex Vix, der sich knapp über 20 bewegt – wobei ein Wert unter 20 der beste Wert für IPOs ist – sind wir kurz davor, die gewünschten Marktbedingungen für ein Comeback für die Mehrzahl der IPO-Emissionen zu haben.“

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